KUSTERDINGEN. Mittwochabend, Rathaus Kusterdingen. Im Sitzungssaal im Dachgeschoss bruzzelt die Sonne durch die Fenster, genau in den Nacken des Zeitungsmannes. Durch die – in der Hoffnung auf ein laues Lüftchen – geöffnete Fenster gibt es dazu eine Dauerbeschallung eines kläffenden Hundes, dessen Besitzer sich am Dauergebell wohl keineswegs stört. Dazu läuten die Kirchenglocken – der Sitzung zu folgen, ist da keine leichte Aufgabe.
Doch noch hitziger geht es in der Sitzung zwischen Bürgermeister Dr. Jürgen Soltau und CDU-Gemeinderat Jens Deichmann zu. Schon zu Beginn der Sitzung kanzelt der Bürgermeister Deichmanns Vorschlag, mit dem Verein »Kindergruppe« in einer kleineren Runde zu sprechen, mit dem Hinweis ab, dafür gäbe es den Technischen Ausschuss. Später geht es dann richtig rund, als der Antrag von CDU, SPD und Neuer Liste zur »Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Gemeindeverwaltung Kusterdingen« aufgerufen wird. Deichmann begründet den Antrag mit dem Ziel, Kusterdingen möge eine »Keimzelle einer modernen Verwaltung« werden. Was Soltau gehörig gegen den Strich geht.
23 Jahre sei er nun Bürgermeister und damit Verwaltungschef in Kusterdingen, erklärt Soltau: »Da darf ich mich persönlich angegriffen fühlen, wenn gesagt wird, wir seien keine moderne Verwaltung.« Die geforderte Umfrage unter den Mitarbeitern? Würde bei kleinen Organisationseinheiten an der Anonymität scheitern. Die geforderte Organisationsuntersuchung durch externe Fachleute? Sei in der aktuellen Haushaltslage ohne genehmigten Haushalt für 2025 nicht zu finanzieren – und die voraussichtlich sechsstellige Summe hierfür würde wohl auch in naher Zukunft nicht zu leisten sein. Flexiblere Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten? »Welche bestehenden Modelle in Kusterdingen kennen sie denn?«, lautet die Gegenfrage Soltaus, die Deichmann nicht beantworten kann.
Soltau kanzelt den Gemeinderat wie einen Schuljungen ab: »Dann sollten Sie vielleicht zuerst die Anfrage an die Verwaltung hierzu stellen und sich informieren, ehe sie solche Anträge formulieren.« Das geforderte Gesundheitsmanagement und die Mitarbeiterbindung? »Wir haben als erste Gemeinde unserer Größe im Kreis ein Gesundheitsmanagement mit Rückenschule, Yoga und einer Zusatzrente.« Zwar seien einige Angebote in der Corona-Zeit eingeschlafen, man sei aber in Gesprächen mit dem Personalrat.
Der so vorgeführte Deichmann wehrt sich tapfer. Der Antrag sei keineswegs als Kritik an der Verwaltung zu sehen, optimieren könne man aber doch immer etwas, man habe den Antrag als Impuls gesehen. »Wir sind mit gutem Willen ins Feld gezogen«, sagt Deichmann und gibt in Richtung Soltau doch zu: »Den Antrag haben Sie sauber zerlegt.« Kritik hagelt es auch von anderen Räten. Die innere Organisation der Verwaltung sei nicht Aufgabe des Gemeinderats, sah
Dr. Burkhard Schall eine »Kompetenzüberschreitung« der Antragsteller. Gudrun Witte-Borst fordert, am Anfang müsse die Anerkennung stehen, dann müsse die Verwaltung zuerst gefragt werden. Anerkennung und Respekt fehlt an diesem Abend indes wohl auf allen Seiten. Ob’s an der Sommerhitze liegt? (GEA)