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Aktuell Bestattungsgebühren

Die letzte Ruhe wird in Nehren deutlich teurer

Seit acht Jahren wurden die Bestattungsgebühren in Nehren nicht mehr neu kalkuliert. Dies holte die Gemeinde nun nach. Wenig überraschend: Es wird teurer.

Der Nehrener Friedhof bietet eine Vielzahl an Bestattungsmöglichkeiten. Dazu hat die Gemeinde kräftig in den Friedhof investiert
Der Nehrener Friedhof bietet eine Vielzahl an Bestattungsmöglichkeiten. Dazu hat die Gemeinde kräftig in den Friedhof investiert - was sich nun auch in den neuen Gebührensätzen widerspiegelt. Foto: Philipp Förder
Der Nehrener Friedhof bietet eine Vielzahl an Bestattungsmöglichkeiten. Dazu hat die Gemeinde kräftig in den Friedhof investiert - was sich nun auch in den neuen Gebührensätzen widerspiegelt.
Foto: Philipp Förder

NEHREN. Sich mit der Endlichkeit des menschlichen Daseins zu beschäftigen, ist keine leichte Aufgabe. Schließlich will nicht jeder daran erinnert werden, sterben zu müssen. Doch das irdische Leben endet mit dem Tod. Ob es dann für die Seele weitergeht - diese Frage wird wohl auf ewig unbeantwortet bleiben. Sie ist Gegenstand der Religion. Wie es dagegen ganz konkret mit dem Leichnam weitergeht - diese Frage beschäftigte nun die Nehrener Gemeinderäte. Eine neue Friedhofsgebührensatzung - die alte stammt aus dem Jahr 2017 - musste her. Die Gebühren zu kalkulieren, ist indes nicht leicht: Dazu holte sich die Gemeinde Expertenrat von der Tübinger Kommunalberatungsgesellschaft »Heyder und Partner«. Deren Mitarbeiterin Antje Wittmann, selbst Gemeinderätin in Kusterdingen, stellte das umfangreiche Zahlenwerk vor.

Eines vorneweg: Mit den Bestattungsgebühren kann die Gemeinde keinen Gewinn erzielen. Es geht einzig und allein um die Deckung der Kosten, die für die Gemeinde bei den Bestattungen und bei der Friedhofspflege anfallen. Wobei es auch hier schon kompliziert wird: Vorratsflächen dürfen nicht komplett berücksichtigt werden, ebenso wenig wie sogenanntes »politisches Grün«, das der Allgemeinheit dient, um dem Friedhof etwa Aufenthaltsqualität zu verleihen. Und nicht jedes Grab ist gleich: Urnengräber verursachen weniger Aufwand als normale Grabstellen, für die es weitere Unterscheidungsmöglichkeiten gibt: Wird eine Grabeinfassung gewählt? Ist das Grab normal tief oder doppelt so tief? Oder doppelt so breit? Die Vielfalt der letzten Ruhestätten ist groß - auch dies soll in den Bestattungsgebühren möglichst fair abgebildet werden.

Trauerhalle nutzen kostet 120 Euro mehr

Der Versuch, dies alles abzubilden, macht die Sache verzwickt: Bruttograbflächen, Äquivalenzziffern und Zusatzpflegekosten sind nur drei Beispiele für das Bürokratie-Deutsch, das den Gemeinderäten in hohem Tempo in ihrer Sitzung um die Ohren flog. Die Gebührenbemessungsgrundlage sind übrigens durchschnittliche 15,08 Bestattungen pro Jahr - eigentlich sind es 32. »Man sitzt eine Weile daran«, kommentierte Kommunalberaterin Wittmann das abstrakte Zahlenwerk selbst.

Schwierige Geologie und Verwesungsgeruch

Probleme bereiten auf dem Nehrener Friedhof aktuell vor allem die »Doppeltiefen Wahlgräber«, bei denen der erste Sarg tief in den Lehm- und Felsboden eingebracht würde, sodass später gegebenenfalls der Sarg des Partners obendrauf gebettet werden könnte. Für die Zersetzung des Leichnams sei diese Bodenschicht eigentlich eine »geologische Katastrophe«, erklärt Bürgermeister Egon Betz. »Nach 20 Jahren ist die Überraschung dann groß, wenn das Grab aufgelassen wird, dass der Leichnam dann noch so aussieht wie bei der Bestattung.« Dies geschieht vor allem durch Stauungen von Wasser, weshalb spezielle Grabeinfassungen eingebaut werden müssen - mit erheblichen Kosten.

Probleme mit seinen Toten hatte Nehren auch schon früher. So ist auf der Infostele am Rathaus zu lesen: »Schüler und Lehrer litten allerdings unter der Lage der Schule neben der Kirche: Der benachbarte Friedhof verströmte bei Regenwetter einen unerträglichen Verwesungsgeruch.« 1844 wurde daher ein neues Rathaus gebaut, indem auch die Schule unterkam. (ath)

Unterm Strich wird es deutlich teurer: Die Nutzungsgebühr für die Trauerhalle steigt etwa von 80 auf 200 Euro. Eigentlich wären mehr als 400 Euro fällig gewesen, so die Berechnungen der Kommunalberaterin. Denn: Bei immer weniger Trauerfeiern wird die gemeindliche Trauerhalle genutzt, weshalb die laufenden Kosten auf weniger Nutzer verteilt werden müssten. »Die Nutzer aber dafür zu bestrafen, dass die Belegung rückläufig ist, wäre kontraproduktiv«, erklärte Bürgermeister Egon Betz. Auch wären manche Bestattungsformen in der Urne nach der Gebührenkalkulation so teuer geworden, »dass sie wohl niemand mehr gewählt hätte«. Ein Beispiel: Für ein Urnenreihengrab verlangte die Gemeinde bisher 910 Euro, kostendeckend wäre eine Gebühr von rund 1.625 Euro - künftig kassiert Nehren hierfür 1.540 Euro.

Bürgermeister Betz verteidigte die deutlichen Erhöhungen mit der allgemeinen Kostensteigerung seit 2017 und damit, dass die Gemeinde »kräftig in den Friedhof investiert« habe. 104.000 Euro lässt sich Nehren die Friedhofspflege jährlich kosten. »Sterben ist teuer, das wissen wir alle«, sagte Betz und verwies zugleich auf die vielfältigen Bestattungsformen, die in Nehren angeboten würden - auf einem Friedhof, der »schön und ansprechend ist, eine große Ästhetik zeigt und indem sich auch ruhige Rückzugsorte für die Trauernden finden ließen«, so der Nehrener Schultes weiter. Diese Qualität habe ihren Preis. Eine Argumentation, der die Gemeinderäte in Sachen neuer Bestattungsgebühren anschließend einstimmig folgten. (GEA)