KUSTERDINGEN. Der Kerzenknöterich steht in voller Blüte. Er ist standhaft und bietet gerade in diesem Jahr einen großen Vorteil: Die Schnecken mögen ihn nicht. Astern und Diamantgras beginnen gerade. »Eisenkraut hat eine lange Blütezeit und es verträgt die Trockenheit gut«, sagt Iris Braun.
Die Kusterdingerin ist seit Jahrzehnten, wie sie selbst sagt, mit dem »Gartenvirus« infiziert und hat sich hinter dem eigenen Haus ein kleines Paradies geschaffen: naturnah, bunt, idyllisch und artenreich. Dazu kommen Sitzgelegenheiten im Schatten und dekorative Elemente wie ein Fahrrad. »Man kann auch kleine Gärten schön gestalten«, so Braun. Sie empfiehlt, sich vorher gut über Staudenpflanzen zu informieren und in Gärtnereien nach individuellen Tipps zu fragen. »Man sollte nur den heißen Sommern entsprechend pflanzen«, sagt Braun. »Einfach frohen Mutes loslegen und ausprobieren. Es gibt für alle Standorte Pflanzen.«
Schneckenbefall im Frühling
Wie die meisten Gartenbesitzer, kämpfte sie im nassen Frühjahr mit starkem Schneckenbefall. Viele Pflanzen waren abgefressen, einige von Pilzen befallen. »Ein Garten erfordert Zeit«, sagt Braun. Im Vergleich zum Vorjahr habe es immer wieder geregnet. Am Samstag musste Braun erstmals in diesem Jahr gießen. Eine dichte Bepflanzung wirkt der Verdunstung entgegen, außerdem werden die Tage jetzt schon wieder kürzer.
Ihre große Wiese lässt Braun bis Ende Mai stehen. Das ist gut für Insekten und Bienen. Im Rahmen des Aktionsplans Blühender Kreis Tübingen zeigte Braun ihren Garten am Freitagnachmittag 40 Interessierten, die sich inspirieren ließen und mit Ideen für den eigenen Garten nach Hause gingen. »Ich bin selbst oft auf Gartenreisen und lese viel«, sagt Braun. Dabei interessieren sie private Gärten mehr als große Parks.
Als Iris Braun 1992 in ihr Haus in der Kusterdinger Gartenstraße einzog, heuerte sie einen Landschaftsgärtner an. Dem gab sie mit auf den Weg: »Ich will keine Arbeit.« Innerhalb eines Jahres änderte sie ihre Meinung: Aus dem Buch »Die Gärten der Gertrude Jekyll« hatte sie entnommen, was man aus Gärten alles machen kann: »Ich habe mit einem kleinen Beet und noch kleinerem Wissen begonnen«, sagt Braun. Sträucher, Hecken, Bäume und ein kleiner Teich sind ein Paradies auch für Vögel. Sie vergraben bereits Nüsse für den Winter. »Mir gefällt an meinem Garten, dass er alle vier Wochen anders aussieht«, sagt Iris Braun. Je nachdem, welche Pflanzen gerade blühen. Im Garten lebe man mit der Natur. »Man wird sensibler für das Wetter und muss immer wieder reagieren«, erklärt Braun. Die Lenzrosen, so Iris Braun, seien vor allem bei Wildbienen beliebt. Im Juni blühen die Rosen, im Monat darauf die Staudenbeete.
Biodiversitätsmanagerin Isabell Möhrle vom Landratsamt rät, die Herbstzeit zu nutzen, um Pflanzen für das kommende Frühjahr zu setzen, etwa bienenfreundliche, leicht zu pflegende Blühstauden. Für Bienen seien Astern und Fetthennen fantastisch. »Wenn es gefriert, sterben die Pflanzen nur oberflächlich ab und treiben im Frühjahr wieder aus«, so Braun. Jetzt sei eine gute Zeit, um Zwiebelpflanzen wie Krokusse, Narzissen und Bauernbüble in die Erde zu bringen. Für den kommenden Sommer und im Rückblick auf dieses Jahr empfiehlt sie, Regenwasser in Tonnen zu sammeln: »Vögeln und Säugern muss man Wasser rausstellen.«
Der Aktionsplan Blühender Kreis Tübingen hat um Ziel, Ökosysteme als Lebensgrundlage für die heimische Fauna und Flora zu erhalten und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus soll er strukturverarmte Flächen, darunter vor allem Hausgärten, aufwerten und Biotope stärker vernetzen.
»Zum Glück ist es inzwischen verboten, Schottergärten anzulegen«, sagt Iris Braun. Diese Kiesflächen seien nicht nur hässlich, sondern auch schlecht für Lebewesen. Nach ihrer Auffassung sollten sie alle zurückgebaut werden. (GEA)