KIRCHENTELLINSFURT. Der kleine Baum ist auf den ersten Blick denkbar unspektakulär. Dabei ist er etwas ganz Besonderes. Der Uracher Chemie- und Physiklehrer Frank Schwaiger hat ihn entdeckt. Und zwar auf dem Gelände des Graf-Eberhard Gymnasiums in Bad Urach. Das kleine Bäumchen hatte sich tapfer durch allerlei Gestrüpp vor der Ostfassade der Schule emporgearbeitet. Schwaiger hat ihm zusammen mit der Gartenbau-AG zu mehr Licht und Luft verholfen. »Gepflanzt hat ihn dort niemand. Der ist von alleine aufgegangen«, da ist sich Schwaiger sicher. Ein Sämling also, der seine Entstehung möglicherweise einem achtlos weggeworfen Apfelbutzen verdankt.
Drei Jahre nachdem der Baum von Gestrüpp befreit wurde, sei der Hausmeister gekommen, erzählt Schwaiger. Der habe gefragt, wann eigentlich die Äpfel geerntet werden. Die rotbackigen Früchte erwiesen sich als erstaunlich wohlschmeckend. 200 bis 250 Gramm bringt ein Apfel auf die Waage. Schwaiger trug die Früchte zum Uracher Apfelmarkt und ließ sie dort vom Kreissortenbeauftragten Thilo Tschersich begutachten. Der bestätigte, dass es sich hier um eine neue Sorte handeln muss. Als Entdecker gebührte Schwaiger das Recht, der Sorte einen Namen zu geben. Die Wahl fiel auf Graf-Eberhard. »Mildsäuerlich, wohlschmeckend, große Frucht und langer Apfelstiel«, so wird die neue Sorte beschrieben.
Der Uracher Ursprungsbaum ist mittlerweile sechs Meter hoch. Schwaiger nahm einjährigen Triebe von dem Baum um die Sorte zu vermehren. Jetzt gibt es also schon drei Graf-Eberhard-Bäume. Der zweite wurde in der Kirchentellinsfurter Graf Eberhard Schule gepflanzt. Für den dritten reiste kürzlich Wilhelm Herzog von Württemberg zum Einsiedel. Zusammen mit dem Kirchentellinsfurter Bürgermeister Bernd Haug pflanzte er den Baum, der den Namen seines Vorfahren trägt. Damit wolle man die Verbundenheit zum Hause Württemberg bekräftigen, sagte Haug. Der Einsiedel sei ein ganz besonderes Kleinod auf der Gemarkung der Gemeinde. Schließlich war er der Lieblingsort des Universitätsgründers Graf Eberhard im Bart.
Gepflanzt wurde der Baum außerhalb des Schlosses vor einer Scheune. Das hat seinen guten Grund, erklärte Stefan Müller, Vertreter der Hofkammer des Hauses Württemberg. Das Schloss werde immer wieder von Jugendfreizeiten genutzt. Da könne das Bäumchen vielleicht nicht ungestört wachsen. Jetzt steht es also an geschützter Stelle. Ein weiterer Apfelbaum Graf Eberhard hätte Haug gerne Wilhelm Herzog von Württemberg als Gastgeschenk mitgegeben. Daraus wurde allerdings noch nichts, weil es bisher noch kein weiteres Exemplar gibt. Einjährige Triebe müssen dafür auf einen Unterlage aufgepfropft werden. Nächstes Frühjahr ist es wieder soweit, sagte Schwaiger. Möglicherweise wird dann ein Baum seinen Weg nach Altshausen finden. Genug Platz gibt es, bestätigte der Herzog von Württemberg. (GEA)
Hunderte von Apfelsorten
Zwischen 300 bis 600 Apfelsorten gibt es in der Region, schätzt Streuobst-Experten Tschersich. Dass es sich bei dem Graf-Eberhard-Apfel wirklich um eine neue Sorte handelt, liegt an der Art des Fundes: Der Lehrer hat bestätigt, dass an dieser Stelle der Schule nie ein Baum gepflanzt wurde. Damit kann es sich nur um einen Sämling handeln, und der Reutlinger Fachberater für Obst- und Gartenbau hat auch schon einen Verdacht: Die Früchte des Baumes haben viele Ähnlichkeiten mit der Sorte Pink Lady, die es oft im Handel gibt. Ein Schüler könnte die Reste eines solchen Apfels aus dem Fenster geworfen haben. Ein Apfelkern ging auf. (iwa)