GOMARINGEN. Wer eine Ikone malt, der braucht Geduld. Allein die Vorbereitung des Maluntergrunds benötigt Monate. Hasenleim wird auf ein Stück Holz gestrichen, darauf folgt eine Schicht Stoff und danach 16 Schichten Kreide. Anschließend muss das Ganze ein halbes Jahr gelagert werden. »Das ist nichts für Eilige«, sagt Christine Zeeb. Vor 25 Jahren hat die Gomaringerin mit der Ikonenmalerei angefangen. Ihre Faszination für diese besondere Kunstform ist seither nur gewachsen.
Gelernt hat sie das Handwerk in Kursen beim slavischen Institut in Bayern. Eine Woche Ikonenmalerei – das war für sie einige Jahre lang die schönste Zeit im Jahr. »Da war man immer weit weg von allem.« Gelernt hat sie dort nicht nur die Technik, sondern auch Motivlehre und Altgriechisch. Schließlich muss jede Ikone beschriftet werden. Heute gibt sie selbst Kurse im Schloss Mochental. Nach wie vor steht dabei aber nicht die Maltechnik im Vordergrund. Es ist eine Mischung aus Handwerk und Meditation, erzählt Zeeb. Beim Ikonenmalen ist sie immer ganz bei sich.
»Die Technik ist nichts für Eilige«
Die Kunstform reiche bis ins 2. Jahrhundert zurück, erzählt Zeeb. Damit sollte das Bedürfnis der Gläubigen nach Bildern befriedigt werden. Blütezeit der Ikonenmalerei war im 6. Jahrhundert in Byzanz. Danach entwickelte sie sich in den östlichen Kirchen unterschiedlich weiter. In Russland werden Gesichtszüge weicher gemalt, weiß Zeeb, in Griechenland härter. Die Gesichtsfarbe ist dabei grünlich. Bis heute gibt es allerdings einen fest stehenden Kanon der Ikonenmalerei. »Der verändert sich auch nicht.« So werde Jesus immer als Mensch dargestellt in den Farben des byzantinischen Königshauses Blau und Zinnoberrot. Auch Maria trägt diese Farben und weist dabei immer auf Jesus hin.
Die Motive sind vorgegeben. Ihre Umrisse werden auf den Kreideuntergrund aufgebracht, nachdem er geschliffen wurde. Dann folgt zuerst das Gold. Erst später werden die Farben aufgetragen. Zuerst die dunklen. »Man arbeitet sich vom Dunklen ins Licht«, erzählt die Ikonenmalerin. Und das ist durchaus symbolisch gemeint. Auf die dunklen Flächen werden Aufhellungen gesetzt. Ganz zum Schluss kommen die sogenannten Lichter – die Figuren bekommen damit Konturen. Nicht fehlen dürfen Lichter auf den Ohren, als Symbol für das Hören auf Gottes Wort.
Für die Farben rührt die 47-Jährige Pigmente mit Eigelb an. Das wurde auch schon in den Klöstern so praktiziert. Mit Bier oder Ouzo – beides Getränke, die in den Klöstern verfügbar waren – werden die Farben haltbar gemacht. Natürliche Pigmente gibt es immer noch. Allerdings werden manche alte Farbstoffe nicht mehr hergestellt. Das indisch Gelb sei früher aus konzentriertem Rinderurin gewonnen worden, sagt Zeeb. Die Tiere wurden dafür ausschließlich mit Mangoblättern ernährt.
»Man arbeitet sich vom Dunklen ins Licht«
Bis zu 90 Schichten Farben werden auf die Gesichter aufgetragen. Entsprechend zeitaufwändig ist eine Ikone in der Herstellung. Eine Woche lang malt Christine Zeeb an einer Figur. Sie kommt dabei zur Ruhe. Auch der theologische Hintergrund fasziniert die Sozialpädagogin. »Es geht nie nur um das Malen, es geht immer auch um Gott.«
Die Ikonenleidenschaft ist in ihrer Wohnung kaum zu übersehen. Die Wände hängen voll, das Bücherregal ist gut bestückt mit Werken zur Ikonenmalerei. Immer wieder versucht sie auch neue Techniken. Mit dem Pinsel könne sie mittlerweile besser umgehen, als mit Schreibstiften, erzählt sie.
Drei bis fünf einwöchige Kurse im Jahr gibt sie im Schloss Mochental. Besucht werden sie nicht nur von Gläubigen. Manchen gehe es nur um die Technik, anderen um das Malen als Meditation. Christine Zeeb ist offen für alle. Nur Geduld müssen sie mitbringen. Auch nach dem Malen ist das Werk noch lange nicht abgeschlossen: Ein Jahr dauert es, bis das Eigelb ganz durchgetrocknet ist. Erst dann kann das Bild mit der Firnis, einer abschließenden Schutzschicht, versehen werden. (GEA)