GOMARINGEN. Reinhold Gerster hat ein klares Verständnis für seine Aufgabe: »Der ganze Wald ist ein einziges Ökosystem. Darum muss ich mich kümmern, nicht nur um Bäume«, sagte der Revierförster bei der jüngsten Waldumgehung mit dem Gomaringer Gemeinderat. Da ist es nur verständlich, dass sich Gerster auch intensiv mit dem Thema Windkraft beschäftigt hat - dem Thema, das in der nahen Zukunft für die Gomaringer eine große Rolle spielen wird. Dem Gremium und interessierten Bürgern zeigte der Revierförster zusammen mit seiner Kollegin Verena Strasdeit, wo in Zukunft Windräder aufgebaut werden könnten.
Zwei der zahlreichen Vorranggebiete, die der Regionalverband Neckar-Alb nach Vorgabe des Landes Baden-Württemberg ausgewiesen hat, liegen auf der Gomaringer Gemarkung und vor allem im Wald. Eines im Nordosten, mit einem hohen Reutlinger Anteil, und das Zweite im Süden, das zusätzlich über die Gemarkungsgrenzen von Mössingen und Nehren reicht. Die Gebiete waren ursprünglich viel größer - doch da eine Hubschraubertiefflugschneise über Gomaringen entlangführt, ist ein Streifen von rund drei Kilometern aus den Planungen herausgefallen. Von den ehemals 92 Hektar sind insgesamt nur noch rund 27 Hektar übrig geblieben. Das verringert zwar die möglichen Standorte, aber trotzdem würden die verbleibenden Flächen ausreichen, um die Wiesaz-Gemeinde autark mit grünem Strom versorgen zu können - insbesondere, wenn »interkommunal zusammengearbeitet wird«, betonte Heß. Zwei bis drei Windräder würden bereits ausreichen.
Windräder in der Ausstattung ähnlich
Für die südliche Fläche, bei der grob der Wald um den Rahnberg übrig geblieben ist, ist noch kein Projektierer gefunden. Für die nordöstliche Fläche übernimmt diese Aufgabe das Unternehmen Schöller SI aus Reutlingen, dessen Geschäftsführer und Mitarbeiter das weitere Vorgehen in der jüngsten Gemeinderatssitzung vorgestellt haben.
Die Windräder, die gebaut werden könnten, sind unabhängig vom Standort in ihrer Ausstattung ähnlich: 262 Meter Höhe, 7 Megawatt Nennleistung, mit einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren, wie Erik Mandel erklärte. »Die Lebensdauer hängt aber von vielen Faktoren ab«, sagte der Projektentwickler, »beispielsweise vom gewählten Baumaterial«. Der Fundamentsdurchmesser betrage rund 28,5 Meter. Die notwendige Infrastruktur, um die Windräder im Waldgebiet zu bauen, sei bereits mit eingeplant: »So wie der Ausbau der Waldwege und Rodungsflächen.«
Windräder im Wald unproblematisch
Pro Windrad müsse man mit 1,5 Hektar Flächenverbrauch rechnen - davon wäre aber der Großteil, rund zwei Drittel, aber nur für die Errichtung wichtig und könne danach wieder aufgeforstet werden. Der empfohlene Mindestabstand von 700 Metern wird beim »Käpfle« im Nordosten großzügig überschritten - laut ersten Planungen wäre das am nächsten zur Siedlung gelegene Rad 1,1 Kilometer entfernt. Wo die Räder aber nachher genau stehen werden, ist noch Teil der Planungen.
Gerster erachtet das Errichten der Windräder im Biotop Wald indes als sinnvoll und ökologisch unproblematisch. »Der Wald drumherum bleibt normal«, brachte es der Revierförster auf den Punkt. »Für den Wald ist das ein minimaler Eingriff - vor allem in Relation zu den Auswirkungen des Klimawandels.« Bei seinen Ausführungen hielt sich die Förster an die wissenschaftlichen Fakten. Die Wanderroute führte vom Sportheim über den Landesbühl, vorbei am Staigerhof zum Glimmerrain und Rahnberg.
Ästhetik gegen Klimaschutz
»Nicht jede Veränderung ist automatisch schlecht«, erklärte der Förster anhand der Streuobstwiesen. Doch müsse klar sein: Erwärme sich die Erde weiter so wie bisher, können die Bäume kaum auf Dauer überleben. »In Dettingen kriegen Sie keinen neuen Streuobstbaum hoch«, so der Fachmann. Werde es wärmer, könnte das auch hier passieren. Deshalb sei wichtig, ästhetische Bedenken über Windräder gegen ihren Nutzen im Kampf gegen den Klimawandel abzuwägen - gerade, wenn man sich weiterhin an der gewohnten Landschaft erfreuen wolle.
Förster-Kollegin Strasdeit machte darauf aufmerksam, mit welcher Voraussicht ihre Zunft vorgehen müsse. »Für uns ist wichtig: Kann die Baumart in hundert Jahren hier noch wachsen?« Bei einer Erwärmung von über zwei Grad würde es schon schwer für die Buchen werden. Die nordamerikanische Douglasie wachse zwar schneller und sei klimaresistenter, dafür aber schwer aufzuziehen und könne als »Fremdländer« Krankheiten einschleppen, auf die sich heimische Arten nicht schnell genug einstellten könnten. Und letztendlich gehe es vor allem darum: um die Anpassung. (GEA)