Steine, die klingen, gibt's denn das? Wir wollten es genau wissen und fuhren deshalb nach Wankheim. Als wir auf das Haus zugehen, fällt uns sofort der angebaute Wintergarten mit den vielen merkwürdig aussehenden Steingestalten auf: Eckige und runde, größere und kleinere, dunklere und hellere Steine mit Schlitzen und manche mit Löchern kann man durch die großen Fenster sehen.
Hannes Fessmann öffnet uns die Tür. Er führt uns in sein »Musikzimmer«, in dem ganz viele dieser seltsamen Steine stehen. Zur Begrüßung spielt er uns auf einem dunklen »Klangei« - einem Stein, der eine Form wie ein Ei hat - vor. Mit nassen Händen streicht er über den Stein und entlockt ihm die erstaunlichste Musik, die wir je gehört haben. Sie erinnert einige von uns an Orgelmusik, andere an Kirchenglocken und wieder andere an Hummelgesang oder einen Bienenschwarm. Die Melodien klingen harmonisch und erzeugen bei uns glückliche Gefühle.
Jeder Stein klingt anders
Hannes Fessmann erklärt uns, dass jeder Stein anders klingt, auch wenn mehrere gleich aussehen. Die Steine haben Lamellen, ähnlich wie die Saiten auf einem Klavier, auf ihnen wird gespielt. Je nach Beschaffenheit und Form bringen sie dumpfe oder helle, tiefere oder hohe Töne hervor.
Dann stellt er uns noch einige andere Steine vor und spielt darauf. Einer kommt aus der Schweiz und hat eine schwarz-grün gefleckte Oberfläche, die aussieht wie eine Schlangenhaut. Ein anderer Stein kommt aus Indien, noch ein anderer aus dem Iran. Er hat einen tiefen Ton und einen langen Nachhall.
Bei der Vorführung dürfen wir unsere Hände an die Steine legen und spüren so die Vibration der Lamellen. Es kitzelt an den Handflächen und die Schwingungen spürt man im ganzen Körper.
Wir bekommen sogar »Klangstein-Unterricht« und dürfen auf dem »Schatz« von Hannes Fessmann spielen: Es ist ein großer, liegender Stein mit vielen Lamellen, der aus Indien kommt.
Die Spieltechnik sieht so aus: Der Stein und die Hände des Spielers werden mit warmen Wasser gut befeuchtet. Mit den Handflächen streicht man über die Lamellen. Je nachdem an welcher Stelle des Steins man reibt und wie die Handstellung ist, sind die Töne tief oder hoch. Eine Lamelle kann mehrere Töne hervorbringen, besonders gute bis zu acht.
Klangsteine kann man aber nicht einfach kaufen. Hannes Fessmann stellt sie selber her und fährt dazu in die verschiedensten Länder - zum Beispiel in die Schweiz, in den Iran oder nach Indien. Nach Süd-Indien fliegt er oft, um dort Steine auszusuchen und zu bearbeiten. Er hat dort in einem Steinbruch viele Freunde gefunden, die ihn bei seiner Arbeit unterstützen.
Klangsteine herzustellen dauert, je nach Größe, zwei bis drei Wochen. Zuerst sucht Hannes Fessmann nach einem passenden Stein. Für uns sieht er aus wie jeder andere Stein, der in der Landschaft herumliegt. Mit einer Steinsäge wird zuerst die Form zugesägt, dann werden die Lamellen hineingesägt. Am Schluss wird der Stein auf Hochglanz poliert und erhält dadurch seine dunkle Farbe.
Ganz schön schwere Brocken
Der fertige Klangstein wird in Kokosmatten eingewickelt, in eine Holzkiste verpackt und mit dem Schiff nach Deutschland transportiert. In Wankheim angekommen, geht die Arbeit für die Fessmanns erst richtig los: Solange sie noch »jung« sind, klingen die Steine noch nicht so gut. Sie müssen durch das Bespielen erst »lernen«, Töne von sich zu geben. Bis sich ein Klangstein voll entwickelt hat, dauert es oft mehrere Jahre.
Die Klangsteine sind ganz unterschiedlich groß: Es fängt an mit einem kleinen Stein von fünf Kilo - einem »Taschenklangstein« - und geht bis zu ganz großen Steinen von 700 Kilo Gewicht. Der Traum von Hannes Fessmann ist es, einen Klangstein mit zwei Tonnen Gewicht herzustellen.
Aber wie kommt man überhaupt darauf mit Steinen Musik zu machen? Der Vater von Hannes, Klaus Fessmann, ist Musikprofessor. Er hat 1992 an einem Projekt gearbeitet, wie sich Sprache in Höhlen verändert. Dabei hat er auch mit Natursteinen experimentiert, die aber wenig Klang haben. Daraus hat sich die Idee entwickelt, Klangsteine herzustellen und damit Musik zu spielen. Hannes Fessmann war von Anfang an bei dem Projekt dabei und so sind die Klangsteine seine Leidenschaft und sein Beruf geworden. Er stellt die Steine her und spielt auf Konzerten zum Beispiel in Kombination mit elektronischer Musik. Wer Hannes Fessmann oder seinen Vater, Prof. Klaus Fessmann, einmal live erleben möchte, kann im Internet unter www.klangsteine.com die Konzerttermine nachsehen. Es wird bestimmt ein ganz besonders Erlebnis! (ZmS)
Lea Mrusek, Isabelle Bölzle, Nadine Kothe und David Wilk aus der Klasse O 3a der Peter-Rosegger-Schule Reutlingen