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Warum (k)ein Ex-Rennpferd?

Von der Galoppbahn auf die Alb: Das Vollblut Red Sugar hat nach seiner Sportkarriere eine neue Heimat gefunden

Red Sugar kam aus einem Rennstall am Bodensee zu Lea Tiebel.  FOTO: ZMS
Red Sugar kam aus einem Rennstall am Bodensee zu Lea Tiebel. FOTO: ZMS
Red Sugar kam aus einem Rennstall am Bodensee zu Lea Tiebel. FOTO: ZMS

ST. JOHANN. Zugegeben, Vollblüter sind nicht für jedermann geeignet. Trotzdem haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, einen Galopper von der Rennbahn zu kaufen und auszubilden. Das setzt ein gewisses Maß an Faszination und Leidenschaft für das Reiten an sich und die Rasse Vollblut insbesondere voraus. Ex-Galopper sind keine Billig-Pferde, auf denen man einfach losreiten kann.

Unsere Stute Red Sugar, sieben Jahre alt, kam letztes Jahr im Juni direkt aus einem Rennstall am Bodensee zu uns auf den Hof. Es war ein sehr aufregender Tag für mich, da ich sehr gespannt auf Red Sugar war. Als sie dann aus dem Hänger stieg, war ich ganz begeistert von diesem Tier und ich durfte sie gleich herumführen. Dabei bemerkte ich schnell, dass diese Vollblüter schon sehr ängstlich, aber zugleich sehr wachsam sind, man weiß nie, was als Nächstes kommt. Ganz abgesehen von den vielen »guten Ideen«, die Vollblüter gerne von sich aus einbringen und die einem manchmal die Nerven rauben können.

In einem guten Jahr wird Red Sugar so weit sein, dass ich mit ihr über die Wiesen galoppieren kann, und darauf freue ich mich schon sehr. Der Umgang mit Ex-Galoppern muss einem liegen, sie sind weder für besonders aufbrausende noch übermäßig ängstliche Reiter geeignet. Mit Ruhe, Besonnenheit und Einfühlungsvermögen erreicht man gemeinsam Ziele.

Uns war bewusst: Wenn wir ein Rennpferd erfolgreich umschulen möchten, müssen wir bereit sein, dies mit Köpfchen und Hartnäckigkeit statt mit Druck und Zwang anzugehen. Das eigene Verhalten und die eigenen Fähigkeiten kritisch hinterfragen zu können und die Bereitschaft, unter Umständen neue Wege in der Ausbildung zu gehen, ist wichtig, denn Red Sugar lässt sich nicht in eine Schablone quetschen.

Abwechslung im Trainingsplan

Sie ist grundehrlich und direkt. Wenn ihr etwas nicht behagt, kann sie dies notfalls auch energischer zum Ausdruck bringen. Ein empathischer Reiter wie meine Mutter weiß mit der offensiven Kommunikation und der Sensibilität eines ehemaligen Rennpferdes umzugehen und schätzt diese. Das ermöglicht eine feine und leichte Kommunikation, womit die Arbeit beiden gleichermaßen Spaß macht. Vollblüter, auch Red Sugar, sind intelligente und leistungsbereite Pferde, die durch einen abwechslungsreichen Trainingsplan ausgelastet werden. Wir haben Freude daran, Neues auszuprobieren und sind an verschiedenen Sparten des Pferdesports interessiert, daher haben wir mit so einem vielseitig talentierten Vollblut das richtige Pferd. Vertreter dieser Rasse sind Teamplayer, die gerne bei der Arbeit mitdenken. Ihr Temperament lässt sie manchmal auch etwas über das Ziel hinausschießen, was bei Red Sugar auch gelegentlich vorkommt. Der Reiter sollte dafür ein gutes Reaktionsvermögen an den Tag legen und darf ruhig auch etwas »zackig« sein.

Ehrgeizig, hartnäckig und treu

Eine gute Prise Humor entschärft zudem so manche Situation. Belohnt wird man für seine Mühen mit einer ganz besonderen Beziehung zu seinem Vollblüter. Ein Pferd, das mit einem buchstäblich durch dick und dünn geht, wenn das Vertrauen erst mal da ist. Vollblüter sind ehrgeizig und hartnäckig und bereit, mit voller Leistung für ihren Reiter zu kämpfen. Wäre Red Sugar nicht zu uns gekommen, hätte man sie weiterverkauft und wahrscheinlich wäre sie heute ein Turnierpferd. Mein Bericht soll auch dazu beitragen, den Ruf dieser tollen Pferde zu verbessern und den einen oder anderen Interessierten dazu zu bewegen, einem Ex-Galopper eine Chance auf eine zweite Karriere zu ermöglichen. Meine Mutter und ich haben es getan. (ZmS)

 

Lea Tiebel, GWRS, St. Johann, Klasse 8

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