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Aktuell Ernährung

Viel zu schade zum Wegwerfen

REUTLINGEN. Während wir die Mülltonnen mästen, verhungern weltweit pro Jahr acht Millionen Menschen. Über acht Millionen Hungertote jedes Jahr - das sind erschreckende Zahlen. 90 Millionen Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr in Europa und 3,1 Milliarden weltweit weggeworfen. So ist es in dem neuen Kinofilm »taste the waste« (»Probier den Müll«) zu sehen.) Eine solche Zahl kann man sich kaum vorstellen, entspricht die Menge doch einer Lkw-Kette rund um den Äquator. Damit könnte man dreimal alle Hungernden der Welt ernähren.

Am besten landen Lebensmittel erst gar nicht im Müll, sondern auf dem Teller. Und wenn doch? Manche Menschen gehen zum "Containe
Am besten landen Lebensmittel erst gar nicht im Müll, sondern auf dem Teller. Und wenn doch? Manche Menschen gehen zum »Containern«, holen also noch essbare Lebensmittel aus den Müll-Containern von Supermärkten. In den Augen von ZmS-Reporterin Frederike Geissler moralisch nachvollziehbar, aber illegal. Foto: ZmS
Am besten landen Lebensmittel erst gar nicht im Müll, sondern auf dem Teller. Und wenn doch? Manche Menschen gehen zum »Containern«, holen also noch essbare Lebensmittel aus den Müll-Containern von Supermärkten. In den Augen von ZmS-Reporterin Frederike Geissler moralisch nachvollziehbar, aber illegal.
Foto: ZmS
Warum landet so viel in der Mülltonne? Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) wird oft missverstanden. Der Hersteller übernimmt die Garantie, dass die Lebensmittel unter bestimmten Aufbewahrungsbedingungen bis zu diesem Zeitpunkt die bestmöglichste Qualität behalten. Die Produkte sind auch nach dem MHD meist noch bestens zum Verzehr geeignet, was vielen Konsumenten scheinbar nicht bewusst ist.

Die Macht der Verbraucher

Dieses Missverständnis verleitet den Verbraucher nicht nur im Privathaushalt dazu, oft noch einwandfreie Ware in den Müll zu befördern. Weil viele die Waren nicht kaufen, deren MHD erreicht ist oder kurz bevorsteht, ist der Händler gezwungen, die Regale früher als nötig mit neuer Ware zu füllen. Die »alte« Ware, die nicht wirklich alt ist, fliegt in den Müll. Außerdem sind den Lebensmittelketten auch durch den Gesetzgeber Grenzen gesetzt: Ist das MHD überschritten, muss das Produkt meistens in den Müll, da jetzt der Händler bei Verkauf die Garantie übernehmen müsste.

Manche Menschen gehen zum »Containern«, also Lebensmittel aus Müllcontainern von Supermärkten »stehlen«. Aus ganz unterschiedlichen Gründen: Manche tun's aus einer Notsituation heraus, andere aus Protest und Unverständnis über die Verschwendung von Lebensmitteln. Auch wenn's moralisch verständlich ist: Gesetzlich ist dies nicht erlaubt.

Allerdings tragen nicht nur die Gesetze und die Supermärkte die Schuld am hohen Müllaufkommen, sondern auch der Verbraucher: Bereits bei der Ernte wird knapp die Hälfte der Lebensmittel entsorgt, da sie scheinbar zu klein oder zu groß sind, mit Flecken oder anderen Macken nicht dem Ideal entsprechen und somit keinen Absatz finden würden.

Ein weiteres Problem ist die Einkaufsmentalität, Unmengen einzukaufen, um dann zuhause wieder Massen in den Müll zu befördern. »Mehr als 300 Euro landen jährlich pro Kopf schließlich und endlich im Müll, und ein Drittel davon ist noch ungeöffnet«, sagte Günther Jauch am 9. Oktober in der Diskussionsrunde im ARD (»Essen für die Tonne«).

Was können wir tun? Wir sollten unseren Lebensmitteln mehr Achtung entgegenbringen. Also regional einkaufen, global denken. Und gezielt einkaufen - also nicht auf Masse, sondern auf Klasse achten. Einige Supermärkte unserer Region arbeiten mit der Reutlinger Tafel zusammen. Hier werden Lebensmittel kurz vor Ablauf des MHD an Bedürftige verteilt. Auch das ist schon ein kleiner Anfang. (ZmS)

Frederike Geissler, Isolde-Kurz-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9d