Logo
Aktuell INTERVIEW

Tattoos als Spiegel der Seele

MÖSSINGEN. Wie groß ist die Bedeutung der Haut? Sie gilt als sichtbarer Lebensweg des Menschens. Die Haut wird zum »Spiegel der Seele« erklärt. Kaum ein Organ ist so empfindlich wie die Haut. Sie wird gerötet vor Scham, erblasst vor Neid, verwöhnt mit Creme, geschminkt mit Make up, gepierct mit Metall, tätowiert mit Mustern und Bildern, um zu zeigen, wie man ist oder wie man sein will. Wir sind der Frage nachgegangen, warum lassen sich Menschen Tattoos stechen lassen. Zuerst haben wir mit Jurij Vergunov gesprochen. Er ist 51 Jahre alt, wurde in der UdSSR geboren und lebt seit 15 Jahren in Deutschland. Er arbeitet als Taxifahrer in Köln und war vor kurzem in Mössingen zu Besuch.

Zms: Wann haben Sie sich Ihr erstes Tattoo stechen lassen? Tat es weh?

Jurij Vergunov: Mit 20 Jahren. Das war, als ich in der »Sowjetarmee« war, wir waren in Afghanistan stationiert. Dort habe ich meine ersten Tattoos bekommen. Es tat bei mir ziemlich weh, da es mit einer Gitarrensaite und normaler Schreibtinte gestochen wurde, desinfiziert wurde es mit Alkohol. Heute ist es viel professioneller, es ist hygienischer und die Schmerzen sind auch nicht mehr so groß.

Wie viele Tattoos haben Sie?

Vergunov: Sieben - bis jetzt.

Was bedeuten Ihnen Ihre Tattoos?

Vergunov: Ich habe einige Tattoos, die mir geholfen haben, aus einer schweren Zeit wieder herauszufinden. Zum Beispiel, als ich meine Familie verloren habe. In dieser Zeit habe ich unter Depressionen gelitten und keinen Ausweg in meinen Leben gesehen. Deshalb habe ich mir den Schriftzug »No Future« in einem Tattoostudio stechen lassen. Und mein Wehrdienst-Tattoo bedeutet für mich die Dazugehörigkeit zur Gruppe, Brüderschaft und die ewige Freundschaft mit meinen Kameraden. Ich erinnere mich durch dieses Tattoo an diese Zeit mit ihnen, und das ist mir wichtig.

Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, eins wegzumachen zu lassen?

Vergunov: Überlegt habe ich es mir schon mal. Eins meiner Tattoos war schon ziemlich alt und nach der Zeit konnte man nichts mehr erkennen. Es war verschwommen, es sah einfach nicht mehr schön aus. Also habe ich ein Tattoo darüber stechen lassen.

Würden Sie sich noch mal eins machen lassen?

Vergunov: Ja, weil mein Oberkörper »bemalt« ist. Damit es symetrischer wird, würde ich mir eins auf meinen Beinen machen.

Wie finden Sie Tattoos allgemein?

Vergunov: Das Tattoo soll eine Bedeutung haben. Es soll kein Trend sein. Man muss sich die Entscheidung für ein Tattoo gut überlegen, es ist ja für sein ganzes Leben. Wichtig ist es, dass das Tattoo auf der Haut besser aussehen soll als auf dem Papier. Und es sollte auch von einem Profi gemacht sein.

Wir haben uns noch eine weitere Meinung zum Thema eingeholt. Unser Gesprächspartner ist 33 Jahre alt und lebt in Reutlingen, möchte aber anonym bleiben.

Zms: Was haben Sie für ein Tattoo?

Er: Ich habe den Namen meiner Tochter und das Geburtsdatum in den linken Brustbereich tätowieren lassen.

Warum haben Sie das gemacht?

Er: Weil ich meine Tochter über alles liebe. Sie ist der wichtigste Mensch in meinen Leben und das ist ein Beweis dafür, dass ich sie liebe.

Wann haben Sie das machen lassen?

Er: Direkt nachdem meine Tochter geboren wurde. Das war einer der besten Momente in meinen Leben.

Haben Sie das nie bereut?

Er: Nein, dass habe ich nicht.

Würden Sie sich noch mal ein Tattoo stechen lassen?

Er: (schmunzelnd) Wenn ich noch mal ein Kind bekomme, dann auf jeden Fall.

Herzlichen Dank für das Interview!

Wir wollen nach unserer Suche, alles zusammenfassen. Tattoos bedeuten nicht nur, den eigenen Körper zu verschönern. Sondern auch, seine Gefühle, seine Meinung, seinen Willen zu äußern. Es stellt den Menschen als Individuum, als etwas Einzigartiges dar. (ZmS)

Kamila Novak, Sara Grupp, Katharina Bogenschütz, Evangelisches Firstwald Gymnasium Mössingen, Klasse 8b