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Ständig im Ungewissen

TÜBINGEN. Im Irak ist die Situation nach wie vor angespannt, auch wenn bei uns in den Medien nicht mehr soviel darüber berichtet wird. Der 31-jährige Iraker Hathal Haddad arbeitete bis vor einem Jahr als Arzt in Bagdad. Heute lebt er mit seiner deutsch-irakischen Frau in Tübingen, weil ihnen die Gefahr in der Heimat zu groß geworden ist. Seine Familie wohnt aber noch immer im Irak.

Eigentlich ist es zurzeit in den meisten Regionen des Landes relativ friedlich und für die meisten Bürger ist es möglich, normal zur Schule oder zur Arbeit zu gehen. Nur in den Großstädten versuchen Gegner der neuen Regierung immer wieder zu verhindern, dass sich die Verhältnisse stabilisieren.

Immer westlicheres Denken

Die Anhänger des Saddam-Regimes und die noch sehr konservativen Nachbarländer Saudi-Arabien, Syrien und Iran, wollen sich so vor westlichen Einflüssen schützen. In Saudi-Arabien dürfen Frauen zum Beispiel nicht Autofahren oder ohne männliche Begleitung das Land verlassen und haben keine politischen Rechte.

Bis jetzt hatte der Irak auch eine konservative Regierung. Seit 1968 wurde das Land von der gleichen Familie, der Saddam Husseins, geführt. Das hat sich jetzt aber geändert. Inzwischen wird im Irak alle vier Jahre ein neuer Präsident gewählt. Als Reaktion auf das immer westlichere Denken, wird die Bevölkerung nun durch gezielte Anschläge verunsichert. Einem dieser Anschläge wäre Hathal fast zum Opfer gefallen.

Der 31-Jährige arbeitete beim Roten Kreuz in Bagdad, vor dem um 8 Uhr morgens eine Autobombe explodierte. Zum Glück waren er und seine Kollegen nicht in dem Gebäude, was aber nur daran lag, dass zu dieser Zeit Ramadan war und sie sich während des Fastenmonats nicht wie gewöhnlich um 8 Uhr, sondern erst eine halbe Stunde später trafen.

Einem Anschlag entkommen

Solche Anschläge auf medizinische Einrichtungen kommen öfter vor. Man weiß nie wo die nächste Bombe explodiert. Auch Hathal war als Arzt gefährdet, da die Terroristen Ärzte entführen und so die medizinische Versorgung blockieren. Um sich zu schützen, nahm er seinen Arztausweis nie mit.

Viele Ärzte gehen aufgrund dieser Gefahr ins Ausland. Hathal ist der Meinung, dass die Amerikaner sehr wichtig für das Land sind und noch einige Jahre bleiben sollten, um bei der Stabilisierung zu helfen. Für die Bevölkerung waren sie eher eine Hilfe als eine Bedrohung.

Die schlimmsten Probleme kamen erst nach dem Krieg. Davon blieb Hathals Familie aber zum Glück verschont. Sein Vater betreibt einen Laden für Sanitäranlagen, und seine Mutter arbeitet als Angestellte beim Finanzamt - und führen also ein ganz normales Leben. Und trotzdem gibt es natürlich viele Unterschiede zu Deutschland.

Das Schönste an Deutschland

Hathal hat direkt nach seinem Umzug einen Sprachkurs in Tübingen gemacht und spricht inzwischen gut, wenn auch noch nicht perfekt, Deutsch. Zurzeit hospitiert er bei einem Arzt in Reutlingen, um seine Sprachkenntnisse noch weiter zu verbessern. Das ist ihm besonders wichtig, da er immer wieder betont, er wolle keiner der Menschen sein, die in einem fremden Land leben, ohne die Sprache zu sprechen.

Viele der Vorstellungen, die Hathal über die Deutschen hatte, haben sich bewahrheitet. Ihm ist, seit er im letzten Dezember hierher gezogen ist, immer wieder aufgefallen, dass die Deutschen sehr pünktlich und zuverlässig sind.

Das Schönste an Deutschland ist für ihn aber der Schnee, den er im bis zu 45 Grad heißen Irak nie kennengelernt hat. Darum ist er einer der wenigen Menschen in Deutschland, die sich auf den Winter freuen. (ZmS)



Klara Schroth und Johanna Dinkel, BZN Gymnasium, Klasse 10 d