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Aktuell INTERVIEW

»Meine Füße sind mein Instrument«

REUTLINGEN. Sie ist Tänzerin und Musikerin zugleich: Ivonne Wiedmann, die eine Tanzschule in Reutlingen betreibt, beherrscht eine Tanzsportart, die zwar nicht ganz so populär wie andere, dafür aber umso spannender ist. Über ihre Leidenschaft für Stepptanz sprach sie mit ZmS-Reporterin Bettina Deubler.

Früher klebte man Kronkorken drunter, heute klappern Steppschuhe so schön, weil sie mit Metallsohlen belegt sind.  FOTO: ZMS
Früher klebte man Kronkorken drunter, heute klappern Steppschuhe so schön, weil sie mit Metallsohlen belegt sind. FOTO: ZMS
Früher klebte man Kronkorken drunter, heute klappern Steppschuhe so schön, weil sie mit Metallsohlen belegt sind. FOTO: ZMS
ZmS: Frau Wiedmann, woher kommt der Stepptanz und wie kamen die Menschen auf diese Tanzsportart?

Ivonne Wiedmann: Stepptanz kommt ursprünglich von holländischen und irischen Tänzen. Holländer hatten den Holzschuhtanz, von den Iren wurde der Stepptanz weiterentwickelt. Ungefähr zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam der Stepptanz dann nach Amerika. Schwarze Einwohner klebten sich Kronkorken unter die Schuhsohlen und machten den Stepptanz damit populär. Weiße, die Stepptanz machen wollten, haben sich anfangs sogar schwarz angemalt, denn bei Weißen war es anfangs ein Tabuthema.

Wie lange gibt es Stepptanz schon?

Wiedmann: So wie wir Stepptanz unterrichten, gibt es ihn seit etwa 1900.

»Auch Frank Sinatra war ein sehr guter Stepper«
Warum, denken Sie, ist Stepptanz nicht so populär wie andere Tanzsportarten?

Wiedmann: Stepptanz ist nicht so weit verbreitet. Er ist vielleicht tänzerisch nicht so vielfältig wie zum Beispiel Ballett. Als Stepper ist man Tänzer und Musiker (mit den Füßen) zugleich. Man muss also sprichwörtlich zwei verschiedene Dinge unter einen Hut bringen, nämlich das tänzerische und sein eigenes Musikinstrument, was gar nicht so einfach ist. Beim Steppen ist oft nicht der ganze Körper in Bewegung wie bei vielen andern Tanzsportarten.

Gibt es berühmte Stepptänzer, die man kennen sollte?

Wiedmann: Ja, zum Beispiel Sammy Davis Jr. (eigentlich: Samuel George Davis) oder Fred Astaire sind bekannt. Auch Frank Sinatra war ein sehr guter Stepper.

Wie kamen Sie auf die Idee, Tanzlehrerin zu werden?

Wiedmann: Ich hatte kein gutes Zeugnis in der elften Klasse und keine Lust mehr zu lernen. Also habe ich beschlossen, Tänzerin zu werden.

Wie kamen Sie zum Stepptanz?

Wiedmann: An der Akademie, an der ich damals gelernt habe, war Stepptanz ein Hauptfach. So kam ich zum Stepptanz.

Wie muss ich mir eine Ausbildung zur Stepplehrerin vorstellen?

Wiedmann: Von der pädagogischen Seite ist es wie in allen anderen Unterrichtsfächern in der Schule. Man macht als Anfänger einen Grundkurs und übt dann, um eine bessere Rhythmik und Bewegungsabläufe zu bekommen. Natürlich sollte man den Schülern genau vorgeben können, was sie nachsteppen sollen.

Wo kann man denn eine Stepplehrerausbildung machen?

Wiedmann: Ich habe damals meine Tänzerausbildung in Stuttgart gemacht. Dort kann man mittlerweile aber keine mehr machen. Wer eine Ausbildung machen möchte, kann dies in Esslingen oder Vaihingen tun.

Wie lange dauert so eine Ausbildung?

Wiedmann: Eine Ausbildung zur Tänzerin dauert circa zweieinhalb Jahre. Bei einer reinen Stepplehrerausbildung weiß ich nicht genau, wie lange es dauert.

Welche Voraussetzungen benötigt man?

Wiedmann: Man sollte schon gesteppt haben, man benötigt rhythmisches und tänzerisches Gefühl und sollte Aufnahmeprüfungen meistern können.

Welche Möglichkeiten gibt es, um als Stepplehrer eine richtige Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben?

Wiedmann: Es gibt sogenannte Auditions zum Beispiel für Musicals oder Foren im Internet und Agenturen für Tänzer, wo man sich melden kann um sich vorzustellen und vorzutanzen. Audition heißt: Vortanzen, in kurzer Zeit eine Choreografie von einem Choreografen lernen und diese überzeugend präsentieren.

Was sollte man unbedingt wissen, welche Steppschritte sollte man kennen?

Wiedmann: Es gibt ein ganzes Dictionary mit Begriffen für Stepptänzer, ähnlich wie ein Vokabular kann man diese Begriffe auswendig lernen. Bei Steppschritten achtet man vor allem auf Rhythmik, Betonung, Körperhaltung, tänzerische Ausdrucksweise, Vielfalt und auf die Umsetzung von Choreografien.

Wie viele Steppschritte sollte man mindestens kennen, um Spaß zu haben?

Wiedmann: Zwei, nämlich Steps und Stamps, damit kann man schon sehr viele unterschiedliche Schrittfolgen kombinieren. Ein Step ist ein Schritt mit Gewicht auf dem Ballen, beim Stamp ist das Gewicht auf dem gesamten Fuß.

Wie viele Steppschritte gibt es überhaupt?

Wiedmann: Es gibt rund 30 Schritte.

Gibt es beim Steppen Altersgrenzen?

Wiedmann: Nein, allein bei uns im Kurs sind Schüler zwischen 15 und 60 Jahren.

Wo gibt es in der Umgebung Aufführungen zu sehen?

Wiedmann: Hier ist es etwas schwieriger, aber in Stuttgart kann man öfter Aufführungen sehen. Dort macht auch jedes Jahr in der Liederhalle Pascal Hulin mit weltbesten Stepptänzern eine Art Workshop, genannt »Tapreloaded«.

Wie sieht eine Stepp-Unterrichtsstunde aus?

Wiedmann: Als erstes macht man ein »warm up« (aufwärmen), danach kommen rhythmische Übungen, die manchmal noch technisch verbessert werden können. Schließlich tanzt man in Diagonalen durch den Raum und beendet die Unterrichtsstunde mit einer kleinen Choreographie.

Was muss man mitbringen, um steppen zu können?

Wiedmann: Man sollte ein bisschen rhythmisches Gefühl mitbringen, Spaß haben und nicht perfekt sein wollen.

Und Steppschuhe?

Wiedmann: Das wäre hilfreich. Wenn man welche hat, sollte man sie auf jeden Fall mitbringen. (ZmS)

Bettina Deubler, Albert-Einstein-Gymnasium, Reutlingen, Klasse 10 b