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Aktuell INTERVIEW

»Mein Job: einfach nur noch turnen«

REUTLINGEN. Wir haben Marie-Sophie Hindermann vom deutschen Turnteam interviewt. Da sie von der Bundeswehr aus in einem Camp war, hat sie unsere Fragen per E-Mail beantwortet.

ZmS: Wie alt bist Du?

Marie-Sophie: 18 Jahre.

Wann hast Du angefangen zu Turnen?

Marie-Sophie: Mit vier Jahren habe ich zum ersten Mal in einer Gruppe geturnt. Aber da meine beiden Eltern noch geturnt haben, als ich zur Welt gekommen bin, bin ich schon immer in der Turnhalle groß geworden. so ein richtiges Turnhallenkind also.

Hast Du neben dem Turnen noch einen Job?

Marie-Sophie: Seit 1. Oktober bin ich Sportsoldatin bei der Bundeswehr, nach der Grundausbildung habe ich aber die Möglichkeit, nur noch zu trainieren und finanziell durch die Bundeswehr unterstützt zu werden. Mein Job ist dann einfach nur noch zu turnen. Davon habe ich eigentlich immer geträumt, dass ich mein Hobby zumindest für eine Weile zu meinem Beruf machen kann.

»Ich bin stolz - vor allem, weil ich körperlich nie die besten Voraussetzungen fürs Turnen hatte«
Wie groß bist Du?

Marie-Sophie: 1,74 Meter.

Ist Deine Größe ein Nachteil beim Turnen?

Marie-Sophie: Natürlich sind manche Elemente schwieriger, wenn man größer ist, da die Hebelverhältnisse ganz anders sind. Allerdings wirkt es oft auch eleganter, wenn ich turne. Eigentlich mache ich mir keine Gedanken um meine Größe. Davon werde ich ja nicht kleiner. Ich versuche nur, so gut es geht damit umzugehen.

Wie oft trainierst Du in der Woche?

Marie-Sophie: Jeden Tag zwei Mal, samstags nur ein Mal und sonntags ist dann frei, also elf Mal in der Woche.

Musst Du, um Dein Gewicht zu halten, auf manches Essen verzichten?

Marie-Sophie: Ich versuche mich einigermaßen gesund und ausgewogen zu ernähren. Ich esse vielleicht nicht so viele Süßigkeiten wie andere, aber ich mache kein spezielles Diätprogramm.

Was ist Dein Lieblingsgerät?

Marie-Sophie: Stufenbarren.

War es schon immer Dein Traum, bei Olympia mitzumachen?

Marie-Sophie: Ja, das war schon immer mein Traum! Als ich klein war, habe ich immer bei den Freundebüchern bei der Frage, was ich einmal werden möchte, Olympiasiegerin hingeschrieben.

Was waren Deine größten Erfolge?

Marie-Sophie: Der fünfte Platz am Barren bei der WM in Stuttgart 2007, die Qualifikation mit der Mannschaft für die Olympischen Spiele und natürlich die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Peking.

Bist Du stolz auf das, was Du bis jetzt erreicht hast?

Marie-Sophie: Ich bin schon stolz - vor allem, weil ich körperlich nie die besten Vorraussetzungen fürs Turnen hatte. Und ich habe gezeigt, dass man nicht 1,50 Meter groß und 40 Kilo schwer sein muss, um gut zu turnen.

Siehst Du Deine Teamkolleginnen als Freundinnen oder Konkurrentinnen?

Marie-Sophie: Eigentlich sehe ich sie mehr als Freundinnen. Vor allem mit Anja Brinker bin ich schon seit Jahren immer auf einem Zimmer bei Wettkämpfen und Lehrgängen, und wir haben auch schon so viel zusammen durchgemacht, das schweißt einfach zusammen! Auch mit Kim Bui verbringe ich jeden Tag so viel Zeit in der Turnhalle, dass wir sehr gute Freundinnen über die Jahre geworden sind.

An welchem Wettkampf nimmst Du als nächstes teil?

Marie-Sophie: Nächstes Jahr im April sind die Europameisterschaften, dort hoffe ich am Start zu sein.

Du hattest eine Verletzung am Fuß und damit eine Trainingspause. War dies ein großer Rückschlag für Dein Können und Deine weitere Karriere?

Marie-Sophie: Die Verletzung hat mich schon um einiges zurückgeworfen, aber dieser Trainingsrückstand ist auch gut wieder aufzuholen. Auch wenn die Verletzung im ersten Moment natürlich total blöd war, habe ich doch vieles daraus lernen können - zum Beispiel, sich wieder heranzukämpfen und »das Feld von hinten aufzurollen«.

Wie ging es Dir, als Du erfahren hast, dass Du an der WM nicht teilnehmen darfst?

Marie-Sophie: Im ersten Moment war ich sehr traurig und sauer, aber eigentlich war es einfach noch ein bisschen früh für mich und im Nachhinein wahrscheinlich besser, dass ich nicht geturnt habe.

Was erhoffst Du Dir im nächsten Jahr?

Marie-Sophie: Endlich ohne größere Wehwehchen voll durchstarten zu können.

Findest Du, dass Turner zu wenig Geld verdienen?

Marie-Sophie: Es ist natürlich schon schade, dass unser Sport von der Öffentlichkeit und den Sponsoren nicht so wahrgenommen wird wie zum Beispiel Fußball. Aber ich kann nur für mich sprechen. Ich mache das Turnen nicht, weil ich Geld verdienen möchte, sondern weil es mir einfach sehr viel Spaß macht.

Wie lange hast Du noch vor, Leistungssport zu treiben?

Marie-Sophie: Vorerst bis zu den nächsten Olympischen Spielen 2012 in London. Und dann mal sehen. Im Leistungssport kann einfach so viel passieren.

Was willst Du in Deinem Leben noch erreichen?

Marie-Sophie: Ich möchte noch einmal bei Olympischen Spielen dabei sein, dann möchte ich Medizin studieren und später eine Familie gründen.

Vielen Dank für das Interview, es war sehr interessant. (ZmS)



Louisa Neher und Nina Nonnenmacher, BZN-Gymnasium Reutlingen-Rommelsbach, Klasse 9b