ZmS: Wie lange sind Sie schon bei der Polizei?
Franz Lutz: Ich bin seit dem 10. September 1973 bei der Polizei, also seit 35 Jahren.
Was hat Sie am Polizeidienst interessiert?
Lutz: Eigentlich sollte ich den Betrieb von meinem Vater übernehmen. Früher wollte ich kein Polizist werden. Als ich etwa 15 Jahre alt war, nahm meine Mutter das Zepter in die Hand und hat mich schlicht und ergreifend bei der Polizeieinstellungsprüfung angemeldet. Nun bin ich bei der Polizei und mittlerweile ist es zu meinem Traumberuf geworden.
»Die Anzahl der Straftaten ist in etwa gleich geblieben ...«
Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Lutz: Es ist nicht der typische Tagesablauf eines Polizisten, denn als Chef von rund 620 Mitarbeitern im Landkreis Reutlingen ist es nicht meine Aufgabe, Streife zu fahren. Um 7 Uhr beginnt mein Tag im Büro. Als Erstes schaue ich mir an, was in der vergangenen Nacht vorgefallen ist, dann ist der ganze Tag voll mit Besprechungen, Personal- oder Mitarbeitergesprächen. Gegen 17 Uhr, wenn die meisten Mitarbeiter schon zu Hause sind, fange ich mit der Aktenarbeit an. Um 20, 21 Uhr habe ich Dienstschluss.
Welche Perspektiven hat eine Frau bei der Polizei?
Lutz: Frauen haben die gleichen Perspektiven bei der Polizei wie Männer. Frauen gibt es bei der Schutzpolizei seit dem Jahr 1987, also seit rund 20 Jahren, bei der Kriminalpolizei schon länger. Wir haben derzeit hier in Reutlingen 540 Polizisten und davon sind 15 Prozent Frauen, also eine relativ geringe Anzahl im Vergleich zu den Männern. Jährlich werden im Land Baden-Württemberg 800 junge Menschen eingestellt und ausgebildet, ein Drittel der eingestellten Polizisten sind Frauen. Wir haben beispielsweise bei der Polizeidirektion Reutlingen sieben Frauen in Führungspositionen, man könnte meinen, dass dies eine stolze Zahl sei. Doch im Gegensatz zu den Männern, die über 90 Führungspositionen einnehmen, ist die Frauenquote doch sehr gering.
Ist die Kriminalität bei Jugendlichen gestiegen?
Lutz: Gute Frage . . . (überlegt) . . . wir haben jedes Jahr etwa 6 500 Tatverdächtige, von diesen 6 500 Menschen sind ganz grob 400 Kinder dabei (unter 14 Jahren), etwa 1 000 Jugendliche (14 bis 18 Jahre) und etwa 700 Heranwachsende (18 bis 21 Jahre). Die restlichen 4 400 Straftäter sind erwachsen. Die Anzahl der Straftaten ist in etwa gleich geblieben, doch die Qualität hat sich deutlich verschärft. Wenn es früher zu einem Streit kam, hat man sich gegenseitig einmal an die Backe geschlagen und dann war die Sache erledigt; aber heute gehen die Streitenden mit Waffen aufeinander los, oder häufig liegt auch eine Person am Boden und dieser Person wird oft noch ins Gesicht getreten (man nennt dies auch »stiefeln«), bis die Person schwerste Verletzungen erleidet. Es gibt Unterschiede zwischen den Straftaten der Jugendlichen und den der Erwachsenen. Jugendliche fallen oft mit Ladendiebstählen auf. Bei Erwachsenen haben wir es am häufigsten mit Betrug zu tun. Danach kommen aber bei beiden Gruppen schon die Körperverletzungen.
»... doch die Qualität hat sich deutlich verschärft«
Schauen Sie Krimis und finden Sie sie realistisch?
Lutz: Ich schaue ganz selten Krimis, weil sie meiner Meinung nach sehr unrealistisch sind. Ein Mord lässt sich nie in anderthalb Stunden aufklären. Es gehört viel Geduld und Schreibarbeit dazu, um schließlich zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen.
Was war Ihr lustigstes Erlebnis bei der Polizei?
Lutz: Wenn Polizisten bei der Arbeit lachen müssen, dann kann das mehrere Gründe haben, ein Beispiel: Einmal ist eine Person mit ihrem Auto bei der Polizei vorgefahren, um einen Diebstahl zu melden. Der Kollege nahm den Diebstahl auf und stellte fest, dass die Person nach Alkohol riecht. Es stellte sich heraus, dass sich in ihrem Blut Alkohol befand, also hatte sich die Person versehentlich selbst angezeigt. Sonst gibt es wie überall im Kollegenkreis jeden Tag Dinge, über die man herzhaft lachen muss.
Haben Sie schon mal einen Strafzettel bekommen?
Lutz: Oh, ja . . . (lacht). Den letzten Strafzettel habe ich vor 2 bis 3 Monaten bekommen. Ich wohne in einer 30er Zone und bin mit 36 Stundenkilometern gefahren, dadurch bekam ich eine Strafe in Höhe von 15 Euro.
Wir danken Polizeidirektor Herr Lutz, dass er sich für uns Zeit genommen hat. (ZmS)
Alexandra Bauer, Julia Frühwald und Annette Elsäßer, Friedrich-List-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9d