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Aktuell INTERVIEW

Handarbeit in der Moderne

REUTLINGEN. Unser Leben ist sehr von moderner Technik beeinflusst. Auch große Bäckereien arbeiten mit Maschinen, bei denen man vorne die Zutaten hineingibt und hinten fertig gebackenen Brötchen herauskommen. Doch es gibt in Reutlingen auch noch Bäckereien, die traditionelles Handwerk zeigen. Eine davon ist die Bäckerei Bosch in Betzingen. Wir wollten mehr darüber wissen und haben uns deshalb mit Bäckermeister Markus Bosch unterhalten.

»Die Arbeitszeiten sind das größte Problem auf der Suche nach Nachwuchsbäckern«
ZmS: Wie sind Sie Bäcker geworden? Seit wann sind Sie Bäcker?

Markus Bosch: Ich bin die vierte Generation, die diese Bäckerei hier betreibt. Mein Urgroßvater hat 1906 mit der Bäckerei angefangen. Ich bin mit Mutter und Vater in der Bäckerei und der Umgebung aufgewachsen. 1992 hab ich dann Abitur gemacht. Doch dann wollte ich eigentlich etwas anderes machen. Ich habe 1992 kurz Biologie studiert. Das war gerade während des Mauerfalls, sodass die Hochschulen zusammengelegt wurden und man einen Studienplatz im Osten bekommen hat. Dort hat es mir dann nicht so gut gefallen. Darauf hab ich eine Bäckerlehre gemacht und die Meisterprüfung, damit man was in der Hand hat. Dabei blieb ich dann hängen. Hab mich ans Geldverdienen gewöhnt. Dann hab ich überlegt, ob ich noch einmal studiere. Ich hab das irgendwann mal bleiben lassen und die Bäckerei weiter gemacht. Ich habe Lust daran gefunden, mein eigener Chef zu sein.

Ist es viel Arbeit, größtenteils von Hand zu arbeiten?

Bosch: Ja. Das ist der Hauptunterschied zu großen Bäckereien. Es ist viel aufwendiger, dafür kann man flexibler in Formen, Größen und Kundenwünschen sein.

Ist es anstrengend, immer so früh aufzustehen?

Bosch: Ja. Man gewöhnt sich jedoch etwas daran. Es ist schwierig, Kontakte zu halten, wegen der anderen Arbeitszeiten. Anfangs habe ich nur tagsüber geschlafen. Und abends nach Feierabend meiner Kumpels haben wir uns dann getroffen. Während diese gearbeitet haben, habe ich geschlafen, und die haben geschlafen solange ich arbeitete. Die Arbeitszeiten sind auch das größte Problem auf der Suche nach Nachwuchsbäckern.

Lohnt sich der Laden überhaupt noch, oder kaufen alle nur noch maschinell hergestellte Brötchen?

Bosch: Also wenn es sich nicht lohnen würde, würden wir es nicht machen. Es ist ein großer Aufwand, so einen kleinen Betrieb wie unseren zu betreiben. Man kann nicht nur 40 Stunden in der Woche arbeiten, wie üblich. Sondern man muss bereit sein, mehr zu investieren. Wenn man bereit ist, mehr zu arbeiten, auch am Samstag und Sonntag, lohnt es sich auf jeden Fall.

Wie viel Mehl brauchen Sie am Tag/in der Woche?

Bosch: Unterschiedlich. Anfang der Woche weniger, es wird im Laufe der Woche immer mehr und am Wochenende ist es am meisten. Pro Woche geht das Mehl, das wir benötigen, schon in den Tonnenbereich.

Was für ein Gebäck backen Sie am liebsten?

Bosch: Unterschiedlich. Manchmal hat man mehr Lust, eine neue Torte auszuprobieren und manchmal macht man lieber mal 300 Brezeln.

Vielen Dank für die Zeit, die Sie sich für uns genommen haben.

Bosch: Gerne. (ZmS) Dominic Tempel und Simon Wurst, Albert-Einstein-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9a