ZmS: Seit wann existiert Pro Familia?
Roland Riedl: Pro Familia existiert bundesweit seit 1952 und speziell in Reutlingen seit 1980.
Wie oft ist Pro Familia in Deutschland vertreten?
Riedl: Pro Familia gibt es 142 Mal in Deutschland.
Wofür setzt sich Pro Familia ein?
Riedl: Wir führen Beratungsgespräche bei gewollter und ungewollter Schwangerschaft, Beratungen bei sexuellen oder Partnerschaftsproblemen, ungewollter Kinderlosigkeit und Verhütungsmitteln. Des weiteren ist Pro Familia auf dem Gebiet der Sexualpädagogik tätig. Das heißt, die Institution geht mit den Themen Liebe, Freundschaft und Sexualität in Schulen, Jugendhäuser oder andere Einrichtungen.
Was sind die häufigsten Probleme der Menschen, die zu Ihnen kommen?
Riedl: Gewollte und ungewollte Schwangerschaft sowie Probleme in der Sexualität und Partnerschaft.
Wie sieht ein Beratungsgespräch bei Pro Familia aus?
Riedl: Zunächst wird besprochen, was das Problem ist. Dann versucht man, auf dieses einzugehen und daran zu arbeiten.
Ist Pro Familia ausschließlich für Frauen da?
Riedl: Wir sind sowohl für Frauen als auch für Männer da.
Gibt es zurzeit viele schwangere junge Mädchen in Deutschland?
Riedl: Nein, das kann man nicht sagen. Im Verhältnis ist die Zahl schwangerer junger Mädchen in den letzten Jahren relativ gleich geblieben. Zwar ist die Zahl der 15- bis 16-jährigen schwangeren Mädchen angestiegen, aber dafür ist die Zahl der 17- bis 18-jährigen schwangeren Mädchen zurückgegangen. In Deutschland sind 16 von 1 000 Jugendlichen zwischen 15 und 19 schwanger. In den USA sind es 55 und in Holland 4 von 1 000 Jugendlichen.
Kommen diese Mädchen allein oder mit Begleitung zu Ihnen in die Beratung?
Riedl: Sie kommen fast immer in Begleitung. Mit dem Vater des Kindes, den Eltern oder einer Freundin. Dass diese Mädchen allein kommen, ist sehr selten, was aber sehr verständlich ist, da es eine große Hemmschwelle für Jugendliche ist, in eine Beratungsstelle zu gehen.
Wie sehen die Gespräche mit dem Betroffenen, schwangeren Mädchen aus?
Riedl: Man geht zuerst darauf ein, was das Mädchen will, doch oft ist dies in einem Schwangerschaftskonflikt. Man spricht darüber, was für und gegen eine Schwangerschaft spricht. Doch eins muss deutlich gesagt werden: Letzten Endes entscheidet das Mädchen, was es will und niemand anders.
Leitet Pro Familia die Betroffenen zu bestimmten Organisationen weiter?
Riedl: Ja, wir leiten sie teilweise zum Mutter-Kind-Programm, zu Tagesmüttern, zum Jugendamt oder zum Sozialamt weiter.
Kommen auch Frauen zu Ihnen, die sexuell missbraucht wurden?
Riedl: Ja, es kommen auch manchmal Frauen zu uns, die sexuell missbraucht wurden.
Gibt es bei Ihnen eine Art Sorgentelefon?
Riedl: Nein, das gibt es nicht. Entweder muss man vorbeikommen, oder man schreibt seine Probleme und Fragen per E-Mail.
Wie lange arbeiten Sie schon bei Pro Familia?
Riedl: Meine Praktika habe ich 1978 bei Pro Familia angefangen, und beruflich bin ich 1980 eingestiegen.
Wie kamen Sie zu diesem Beruf?
Riedl: Das war 1976 während meines Studiums. Jeder war verpflichtet ein Praktikum zu machen, und da dachte ich mir, dass Pro Familia sicher interessant wäre.
Macht Ihnen der Beruf Spaß?
Riedl: Es ist nicht nur Spaß, es ist oft hart, die Schicksale von anderen mitzuerleben. Aber ich bin sehr zufrieden mit meiner Arbeit. (ZmS)
Deborah Staiger, Friedrich-List-Gymnasium Reutlingen, Klasse 10c
