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Drei Monate unter den Cariocas

REUTLINGEN/RIO DE JANEIRO. Das Abenteuer hatte begonnen, als das Flugzeug am 25. Juli 2010 in Frankfurt abhob. Nach der Landung in Rio de Janeiro wurde ich herzlich von meiner Gastfamilie empfangen. Kaum im Apartment angekommen, wurde mir die ganze Familie vorgestellt. Von meinem Zimmer aus genoss ich dann den Ausblick über die Lagoa, eine Lagune mitten in Rio, mit dem Atlantik im Hintergrund.

Der halbmondförmige Strand »Copacabana« gehört zu den berühmtesten Stränden der Welt.  FOTO: ZMS
Der halbmondförmige Strand »Copacabana« gehört zu den berühmtesten Stränden der Welt. Foto: ZmS
Der halbmondförmige Strand »Copacabana« gehört zu den berühmtesten Stränden der Welt.
Foto: ZmS
Mir wurde bewusst, dass ich mit meinen 14 Jahren jetzt mitten drin war - mitten in der Weltmetropole Rio. Beim Abendessen kamen die berühmten schwarzen Bohnen mit Reis auf den Tisch. Nach dem Essen bereute ich meinen Appetit jedoch, da die leckeren Bohnen schwer im Magen lagen. In den nächsten Tagen lernte ich meine Familie auf Ausflügen besser kennen. Jedoch waren die Ferien schnell vorbei und Schule war angesagt.

Kokosnüsse und Sandburgen

»Escola Alemã Corcovado« (Deutsche Schule Corcovado) war der Name meiner Schule. Da sie direkt unter dem berühmten Corcovado lag, verwunderte mich der Name nicht. Meine Klasse war sofort freundlich zu mir und zeigte mir die Schule. Ebenfalls hatte ich die Chance, an der Schule in extra für Deutsche gehaltenen Portugiesischstunden meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Ich fand schnell deutsche und brasilianische Freunde. Die gut geregelten Stundenpläne boten nach der Schule noch viel Zeit für Freizeitaktivitäten, jedoch musste man zuvor auch erst die Hausaufgaben machen.

Mittags nach der Schule wurde mit den Verwandten und Freunden auf Skype telefoniert und manchmal lief ich eine Runde um die Lagoa, bevor es dunkel wurde. Dann wurde viel mit der Familie gespielt oder man bekam bestimmte Begriffe erklärt, die typisch für Rio waren. Einer davon war Carioca. Carioca werden die Personen genannt, die in Rio de Janeiro geboren wurden. Allerdings müssen die Eltern auch aus Rio kommen, damit man ein richtiger Carioca ist.

Oft ging ich auch in eines der gigantischen Einkaufszentren. Dort konnte man alles tun. Mal war ein Kinobesuch angesagt oder man ging etwas essen. Ein großes Angebot an Läden zum Shoppen war auch vorhanden. Wenn einem die Einkaufszentren zu voll waren, boten kleine Kunstmärkte mit Figuren oder Bildern eine wunderbare Abwechslung. Man konnte schöne Mitbringsel kaufen oder einfach die kleinen Kunstwerke bewundern.

Während der Dämmerung lud ein Spaziergang mit traumhaftem Blick auf die mit vielen Lichtern bestückten Favellas, die Armenviertel Rios, an der Lagoa ein. Dieser Anblick, der einem Sternenhimmel glich, war ein seltsamer Kontrast zur brutalen Lebenswirklichkeit in den Slums. An der Copacabana, dem berühmtesten Strand Brasiliens, wurden Kokosnüsse geschlürft und tolle Sandburgen bewundert. Abends konnte man in einer Churrasceria, einem Grillrestaurant, essen gehen und den Tag ausklingen lassen, während man sich am Buffet bediente oder die Kellner einem das frisch gegrillte Fleisch direkt auf den Teller schnitten.

Stimmung im Fußballstadion

Zu den Highlights der Reise gehörte ein Besuch im Deutschen Konsulat. Eine gute Freundin hatte dort einen Auftritt und es wurde kräftig gefeiert. Ebenfalls traumhaft war der Ausblick nach der Fahrt mit einer kleinen Eisenbahn an die Spitze des Corcovados über ganz Rio. Ein Fußballspiel im Maracanã, dem berühmten runden Fußballstadion Rios, durfte während meinem Aufenthalt auch nicht fehlen. Das Stadion war randvoll und es herrschte eine unglaubliche Atmosphäre, die jedes Spiel in Deutschland übertraf.

Das letzte große Ereignis war der Besuch auf dem Pão de Açúcar, dem Zuckerhut. Ein Mittag mit einer wunderbaren Aussicht, sowohl aus den Gondeln als auch von der Plattform auf dem Berg, wurde dort verbracht und bot den ultimativen Abschluss.

Der Abschied von dieser wunderbaren Stadt und meiner Gastfamilie fiel mir schwer. Im Flieger zurück nach Deutschland wurde mir, als die Erinnerungen immer wieder durch meinen Kopf schossen, bewusst, wie gut es war, die Chance ergriffen zu haben, nach Rio zu gehen und wie viel Glück ich mit meiner Gastfamilie hatte. Ich lernte während diesen drei Monaten Rio von vielen Seiten kennen und war einer fremden Kultur und Lebensweise um vieles näher gekommen. Der Arm-Reich-Kontrast war erschreckend und kam während meinem Aufenthalt öfter zum Vorschein. Die unvergesslichsten 91 Tage meines Lebens haben so viel Lust auf dieses Land gemacht und das Interesse geweckt, mehr davon zu entdecken. (ZmS)

Jonas Goldammer, Albert-Einstein-Gymnasium, Reutlingen, Klasse 10 b