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Aktuell Engagement

Der erste Schritt zur Integration

REUTLINGEN. Ein großer, heller Raum. Eine Tafel vor einer bunten Wand. In einer Ecke aufeinandergestapelte Stühle. Das alte Gebäude in der Silberburgstraße 6 in Reutlingen ist ein guter Ort, um den syrischen Flüchtlingen Deutschkurse zu geben. Der Raum erinnert an ein altes Grundschulklassenzimmer, die Flüchtlinge sitzen in Reihen. An die Tafel hat jemand eine Begrüßung in drei verschiedenen Sprachen geschrieben: Arabisch, Deutsch und Englisch.

In der Silberburgstraße 6 in Reutlingen wurde ein Klassenzimmer für Deutschkurse ein-gerichtet. FOTO: ZMS
In der Silberburgstraße 6 in Reutlingen wurde ein Klassenzimmer für Deutschkurse ein-gerichtet. FOTO: ZMS
In der Silberburgstraße 6 in Reutlingen wurde ein Klassenzimmer für Deutschkurse ein-gerichtet. FOTO: ZMS


Friedrich Hagemeister und Renate Reibold, die zwei Lehrer für den Kurs, haben sich freiwillig gemeldet, um den Flüchtlingen, die im ehemaligen Fernmeldeamt untergebracht sind und Aussicht auf eine Aufenthaltsgenehmigung haben, Deutsch beizubringen.

»Es kam noch nie vor, dass die Flüchtlinge mich nicht respektieren«, sagt Renate Reibold, als wir auf das Thema der Gesellschaftsordnung in Syrien zu sprechen kommen. Denn dort ist die Gleichberechtigung der Frauen noch nicht erreicht. Friedrich Hagemeister ist pensionierter Grund- und Hauptschullehrer, seine Hauptfächer an der PH Reutlingen waren Deutsch und Politik. Er unterrichtete unter anderem auch an der Hauptschule des BZN Reutlingen.

Schon in früheren Jahren hat er in Unterhausen einige Jahre Vorbereitungsklassen unterrichtet. Er ist über die Arbeitsbereitschaft und das Interesse der Flüchtlinge, sich zu integrieren, begeistert und würde das jederzeit wieder machen: »Mir macht es Spaß, die ersten Fortschritte zu sehen.«

Zehnwöchiger Kurs

Im Kurs lernen die 25 Männer zunächst einfache Sätze wie: »Ich sitze auf dem Stuhl« oder »Das Buch liegt auf dem Tisch«. Was für uns einfach erscheint, stellt für die Flüchtlinge eine echte Herausforderung dar.

Nach einem Blick in das Deutschbuch für die Flüchtlinge fiel uns auf, wie schwer die deutsche Sprache doch ist. Können Sie uns etwa eine Plural-Regel oder eine Artikel-Regel sagen? Noch schwieriger wird es für diejenigen, die das lateinische Alphabet noch nicht können. Diese müssen zuerst einen Alphabetisierungs-Kurs besuchen. Nicht nur die Schrift ist ein Problem, sondern auch die neue Aussprache. Vergleichbar wäre es, als müssten wir Arabisch lernen.

Ausgerüstet mit einem Stift und einem Arbeitsbuch kommen die Flüchtlinge werktags für jeweils vier Stunden in das alte Gebäude. Zehn Wochen lang besuchen die Flüchtlinge den Deutschkurs, der vom Arbeitsamt finanziert wird. In dieser Zeit wird die Anwesenheit der Flüchtlinge registriert. Bei vielen Fehlstunden sind die Chancen gering, für die weiterführenden Kurse zugelassen zu werden.

Der Lernerfolg ist bei jedem unterschiedlich. Allerdings lernen die Flüchtlinge, die bereits Englisch können, meist schneller. Organisatorisches wurde den Flüchtlingen auf Englisch mitgeteilt. Da viele Syrer diese Sprache jedoch nicht richtig können, wurde es von einem gut Englisch sprechenden Flüchtling ins Arabische übersetzt. Das Interesse spielt hierbei eine große Rolle. Einige Flüchtlinge haben sich schon Vorkenntnisse über das Internet angeeignet und bringen deshalb schon ein kleines Basis-Wissen mit.

Die Situation ist für sie nicht einfach, sie haben eine anstrengende und gefährliche Reise über den Balkan hinter sich. Dennoch sind die Flüchtlinge gastfreundlich und sehr offen. Dies ist uns im vorausgegangenen Besuch im Fernmeldeamt aufgefallen. Sie sind dankbar und erleichtert, hier zu sein und freuen sich über jegliche Unterstützung. Allerdings möchten sie am liebsten anfangen, zu arbeiten, um ihr Leben selbst zu finanzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Sprachkenntnisse aus dem Deutsch-Kurs allerdings Voraussetzung.

Grundlagen für einen guten Start

Friedrich Hagemeister und Renate Reibold versuchen, mit den 25 Männern die besten Grundlagen für einen möglichst guten Start in Deutschland zu schaffen. Jeder bekommt die gleichen Chancen, letztendlich liegt es allerdings an ihnen selbst, ob sie diese nutzen.

Der Deutsch-Kurs gibt den Flüchtlingen die Möglichkeit, sich gut in Deutschland einzuleben und sich zu integrieren. Aber Integration funktioniert nur, wenn beide Seiten – die Flüchtlinge und wir – dazu beitragen. (ZmS)

Nele Griesbach, Nathalie Benzler und Hannah Scholl, BZN-Gymnasium, Reutlingen, Klasse 9d