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Aktuell INTERVIEW

Andere Länder – andere Pädagogik

REUTLINGEN. Soumaila Doumbia ist seit zwei Wochen zusammen mit seinem Kollegen zu Gast in Reutlingen, genauer am BZN. Der 35-Jährige kommt aus Bouaké, Reutlingens Partnerstadt im westafrikanischen Land Côte d‘Ivoire (Elfenbeinküste). Soumaila Doumbia ist Lehrer auf einem Lycée. Fast jedes Jahr kommen durch die Städtepartnerschaft und die Schulpartnerschaft zwischen Reutlingen und Bouaké bis zu zehn Lehrer ans BZN, um zu hospitieren. Max Staudenmaier und Alexander Deile aus der Klasse 9a des Gymnasiums am BZN Reutlingen, nutzten die Gelegenheit, um mit Soumaila Doumbia zu sprechen.

Sprachen über Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Schulsystemen zweier Kontinente: Max Staudenmaier, Alexander Deile und Soumai
Sprachen über Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Schulsystemen zweier Kontinente: Max Staudenmaier, Alexander Deile und Soumaila Doumbia (Mitte). FOTO: ZMS
Sprachen über Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Schulsystemen zweier Kontinente: Max Staudenmaier, Alexander Deile und Soumaila Doumbia (Mitte). FOTO: ZMS
ZmS: Wie ist Ihr erster Eindruck von unserer Schule?

Soumaila Doumbia: Das BZN ist eine sehr große und schöne Schule. Es ist schon das zweite Mal, dass ich hier bin, was mich aber immer wieder beeindruckt, ist, dass hier so viele Schüler sind. In Elfenbeinküste gibt es zwar insgesamt weniger Schüler, dafür haben wir aber teilweise bis zu 60 Schüler in einer Klasse. Zu den Schülern hier muss ich sagen, dass ich eher gemischte Gefühle habe. Ich habe natürlich sehr respektvolle und disziplinierte Schüler gesehen, die super mitarbeiten, aber auch einige, die einfach während des Unterrichts anfangen zu singen oder am Handy etwas machen. Würde bei uns jemand das Handy während des Unterrichts rausholen, dann bekäme er es entweder gar nicht wieder oder erst am Ende vom Schuljahr. Allerdings haben auch nicht wirklich viele Schüler ein Handy.

Was genau ist so anders bei Ihnen in Elfenbeinküste? //

Doumbia: Die Schule hier ist viel moderner als bei uns und es gibt allgemein sehr viele Unterschiede, zum Beispiel die Lernmaterialien. Dass in der Schule mehr als zehn Computer vorhanden sind, davon können wir nur träumen. Meiner Meinung nach kann man hier viel einfacher lernen im Bezug auf die Materialien. Die Schüler in Deutschland haben auch viel mehr Freiheiten als bei uns. Sie haben beispielsweise mehr Pausen. Bei uns gibt es nur eine Fünfzehn-Minuten-Pause. Dann müssen die Schüler ab 12 Uhr für zwei bis drei Stunden nach Hause, damit sie mit ihrer Familie Mittagessen können. Danach gehen sie wieder bis um 18 Uhr in die Schule. Was am meisten auffällt, ist, dass die Schüler hier teilweise darum »kämpfen«, wer die schönsten Klamotten hat. So kommt es mir zumindest vor. Bei uns wird so etwas nie passieren, da wir zum einen nicht so viel Geld für Mode ausgeben können und zum anderen Schuluniformen haben.

»Die Schüler in Deutschland haben viel mehr Freiheiten«
Wie sieht Ihr Schulsystem aus?

Doumbia: Bei uns gehen die Schüler bis zur fünften Klasse in eine Vorschule, das sogenannte Collège elementaire. Danach kommt man auf ein Collège. Das ist eine Art Gesamtschule, auf der man für vier Jahre ist. Nach dem letzten Jahr wird dann durch eine Prüfung entschieden, auf welche weiterführende Schule man gehen wird. Die, die gut abschneiden, kommen auf ein Lycée, was mit dem Gymnasium zu vergleichen ist. Auch bei den Lehrern gibt es Unterschiede. Wir in der Elfenbeinküste haben nur ein Fach. Die Lehrer in Deutschland haben ja teilweise bis zu drei Fächer. Auch was den Stoff betrifft. Ich war in dieser einen Woche in ungefähr acht verschieden Klassen und mir ist immer wieder aufgefallen, dass man hier viel weniger an den Büchern beziehungsweise an den Lektionen hängt. Wir arbeiten eigentlich nur mit vorgegebenen Lektionen.

Welche Elemente aus dem Schul- und Unterrichtsgeschehen hier am BZN schätzen Sie positiv ein? Welche würden Sie gerne bei Ihnen in die Schule einbringen wollen?

Doumbia: Viel mehr Gruppenarbeit. Das ist etwas, was mir hier sehr gut gefällt. Und den Unterricht werde ich künftig versuchen, ein bisschen abwechslungsreicher zu gestalten, denn wir hängen etwas zu sehr an den Lektionen, was den Unterricht sehr streng macht. Allgemein will ich den Unterricht etwas lockerer machen.

Vielen Dank für dieses Interview. Wir wünschen Ihnen eine gute Heimreise! (ZmS)