Während arbeitende Eltern in dieser Stadt Ende 4- bis 5-stellige Summen pro Jahr für die Kinderbetreuung zahlen müssen, angeblich aufgrund einer angespannten Haushaltslage, werden über Nacht zweistellige Millionenbeträge »gefunden«, um ein Glashaus zu sanieren.
Im gleichen Monat, in dem ein zweites Entgeltmodell nur für alle Kinder eingeführt wird, die ab August 2023 in die Einrichtung aufgenommen worden sind, beschlossen im Rahmen der Haushaltskonsolidierungen, tätigt der ÖPNV seine größte Anschaffung an Bussen (elektronisch) in seiner Geschichte.
Wegen mangelnder Plätze, oft unverschuldet, werden Familien mit gleichem sozialem und finanziellem Status in dieser Stadt um bis zu 30 Prozent höher belastet. Die Anwendung zweier paralleler Kita-Entgelttabellen ist in Deutschland übrigens einzigartig. Auch dass für einen Ü3-Platz genauso viel gezahlt werden muss wie für einen U3-Platz. Wieso macht das nur keine andere Stadt?
Als Grundlage für die Ermittlung der Elternentgelte gilt aus Sicht der meisten Fraktionen ein faires Entgeltmodell nach dem Motto »starke Schultern müssen mehr schultern«. Faktisch ist die Berechnungsgrundlage komplett undurchsichtig und scheint nur mit dem Ziel vereinfacht worden zu sein, dass die Verwaltung mit der Ermittlung des »fairen Haushaltsnettoeinkommens« möglichst wenig Aufwand hat. Es gibt nur ein Nettojahreseinkommen, und das steht auf dem Jahressteuerbescheid! Einnahmen werden natürlich berücksichtigt, Verluste aber nicht. Kontrolliert wird von der Verwaltung schon gar nicht. Wieso auch, solange die Stadtkasse ordentlich klingelt bei möglichst wenig Arbeit. Die Ehrlichen sind halt wie immer die Doofen.
Die nächste – trotz Förderung – bei vielen Bürgern fragliche dreistellige Millionen-Investition für diese Stadt wird bereits vorangetrieben, obwohl man kein Geld hat. Hauptsache elektrisch auf die Alb. Während die Mehrheit aus Bequemlichkeit vermutlich weiterhin Auto fahren wird.
Kunst, Kultur und überzogener Klimaschutz werden in dieser Stadt großgeschrieben. Vergessen werden die zahlreichen Stimmen, die bei der Stichwahl womöglich entscheidend waren in dem Glauben, dass sie – trotz damals schon einer angespannten Haushaltslage – von einem Verfechter der SPD-Landesinitiative zur Abschaffung der Kita-Gebühren maßgeblich entlastet werden. Die Fraktionen übertreffen sich mit Anträgen, aber es passiert nichts außer taktischer Empathie, um die überforderten Eltern zu beschwichtigen, wieso man ihnen nicht viel Hoffnung machen kann. Mit Ausnahme einer kleinen Partei, die mit ihrer Petition den vielen vertröstenden Reden der großen Fraktionen endlich Taten folgen lässt. Machen ist wie reden, nur besser! Jeder Stadtrat inklusive unserer Verwaltung sollte sich die fast 700 Kommentare durchlesen, um mal wieder nah an den Bürgern zu sein.
Es ist mehr als Zeit, dass sich diese Stadt wieder auf das Wesentliche fokussiert: unsere Kinder und die Entlastung derjenigen, die dafür sorgen, dass sie behütet aufwachsen und parallel noch zum Wohlstand dieser Gesellschaft und zum Kampf gegen den Fachkräftemangel beitragen. Dann braucht man auch keine gut gemeinte Marketing-Kampagne mehr, um krampfhaft zu versuchen, das Image dieser Stadt wieder aufzupolieren.
Herbert Nadolny, Reutlingen