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Aktuell Leserbrief

»Was auch immer notwendig ist …«

Schuldenbremse (per E-Mail)

Die 2009 auf Betreiben von CDU/CSU und SPD im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll nun wieder fallen. Um SPD und Grüne ins Boot für diese Finanzierung auf Pump zu bekommen, gibt es das Versprechen, über zehn Jahre gestreckt, eine halbe Billion Euro an Krediten aufzunehmen, um Reparaturen an der maroden Infrastruktur und das eine oder andere Klimaprojekt zu bezahlen. Schulden für das vermeintlich bessere Leben sollen mit Schulden für zukünftige Kriege so miteinander verknüpft werden, dass auch diejenigen den Krediten zustimmen, die bei reinen Kriegskrediten doch eher skeptisch wären.

Die Börse hat das Manöver ziemlich schnell durchschaut. Dort stiegen nicht etwa die Kurse für Hersteller von Windkraftanlagen, Batteriezellen oder medizinischem Gerät, sondern die der Rüstungskonzerne. Aber für diese Aufrüstungsprogramme gibt es keine Beschränkungen nach oben – »What ever it takes« (Was auch immer notwendig ist) wie der voraussichtliche Kanzler Friedrich Merz dies offen lässt.

Die künftige Bundesregierung, die sich jetzt vom alten Bundestag noch schnell den Blankoscheck auf dann rund eine Billion Euro Schulden aushändigen lässt, hält an der Illusion fest, in diesem Land könne es Kanonen und Butter geben. Das wird sich als Irrtum erweisen. Das Geld für die Hochrüstung wird fließen, das für die Verbesserung der Infrastruktur, sofern es nicht der Ertüchtigung von Brücken für Panzer dient, wird dann möglicherweise einfach »nicht ausgeschöpft« werden. Wenn aber die Wirtschaft weiter stagniert oder gar wegen ungelöster struktureller Probleme rückläufig bleibt, besteht das Risiko, dass wegen des teureren Brotes nur noch selten Butter drauf kommt. Wer aber bezahlt diese Hochrüstung? Wir alle – außer die, die ein Aktiendepot mit Rüstungspapieren im Tresor haben.

Die Finanzierung der Milliardenaufrüstung hat viele Aspekte. Zum einen wird sie begleitet von öffentlich geführten Diskussionen um eine Mehrbelastung der arbeitenden Bevölkerung. Bei einer zusätzlichen Neuverschuldung von 800 Milliarden Euro wäre dies eine zusätzliche Schuldenlast von 10.000 Euro pro Einwohner, vom Säugling bis zum Greis. Die Menschen sollen mehr arbeiten und sich doch weniger leisten können. Diese Geldströme für Banken und andere Finanzkonzerne werden in einer Situation organisiert, in der – auch das weiß im Bundestag jede und jeder Abgeordnete – ab 2028 die Corona-Notlagen-Kredite zu-rückgezahlt werden müssen. Hinzu kommen die Rückzahlungen für den Nach-Corona-»EU-Wiederaufbaufonds« und die für den ersten Kriegskredit namens »Sondervermögen«. Diesen hatte derselbe Bundestag beschlossen, der jetzt noch einmal fast eine Billion Euro Schulden bei internationalen – meist übrigens US-amerikanischen – Finanzinstitutionen bewilligt. Ein Schelm, wer daran erinnert, dass Friedrich Merz bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender von BlackRock in Deutschland, dem weltgrößten Vermögensverwalter war? Mulmig wurde angesichts dieser Staatsverschuldung sogar Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat für Wirtschaft – das alles sei eine »extrem riskante Wette«, die da eingegangen werde.

Verschuldungsorgien dieser Größenordnung endeten in der Geschichte meist, wenn nicht im Krieg, dann in einer massiven Entwertung der Währung. Ist es der Wille der Verantwortlichen der Parteien, dass wir uns wieder nach einer Inflation unter 7 Prozent und Butterpreisen von 3 Euro zurücksehnen werden? Der Königsweg wäre, die Feindbildschaffung und Russophobie endlich zu beenden und mit den Mitteln der Diplomatie und Rüstungskontrolle eine weitere Rüstungsspirale überflüssig zu machen. Frieden schaffen ohne Waffen ist nicht nur die kostengünstigere Variante, sondern auch die friedfertigere.

 

Ludwig Baisch, Eningen