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Aktuell Leserbrief

»Verstörende Gegenmeinungen«

Zum Artikel »Knappe Mehrheit für neuen Namen« vom 9. April (per E-Mail)

Während in Pfullingen mit einer sehr würdevollen Veranstaltung dem Ende der Befreiung von der Naziherrschaft gedacht wurde, wird im einst roten Mössingen heftig gestritten, ob der Nazibürgermeister Rühle weiterhin Namensgeber einer Schule bleiben kann.

In Pfullingen wird des Attentats auf Hitler gedacht. Der Heidenheimer Georg Elser allein mit seinem Gewissen stellte sich schon sehr früh gegen Hitler – ebenso wie die Mössinger mit ihrem Generalstreik. Wie viel Leid wäre der Welt erspart geblieben, hatten die Mössinger und Elser reüssiert.

Am anderen Ende der Naziherrrschaft, also dieser Tage vor 80 Jahren, als Elser schändlich im KZ Dachau liquidiert wurde, bewahrten Pfullingens mutige Frauen um Sophie Schlegel die Stadt vor der Zerstörung. In Mössingen behält ein verurteilter Nazibürgermeister jahrelang die Ehre, Namensgeber einer Schule zu sein.

Eine differenzierte Recherche wurde bei der entscheidenden Sitzung von Franziska Blum, der Museumsleiterin, vorgetragen. Dann kamen klare Worte von Oberbürgermeister Michael Bulander: »Wir können eine Person nicht ehren, die eine solche Vergangenheit hat.« Und Arno Valin (SPD) bemühte Fritz Bauer und meinte, Rühle habe das Recht verwirkt, Namensgeber einer pädagogischen Einrichtung zu sein. Nun war klar, jetzt gibt es ein einstimmiges Ergebnis, wie es schon mal im Januar dieses Jahres so war. Aber weit gefehlt. Es gab verstörende Gegenmeinungen und der würdelose, feige (siehe GEA) Höhepunkt war der Antrag auf geheime Abstimmung. »Ach wie gut dass niemand weiß ...« Das ist Duckmäusertum und angesichts der Ermordung von Dietrich Bonhoeffer und Georg Elser am 9. April 1945 beschämend. Beide standen mutig wie leider viel zu wenige zu ihrer Überzeugung. Mit diesem Antrag beschädigt die größte Fraktion im Mössinger Gemeinderat alle Widerständler, ein demokratischer Sündenfall.

 

Gerhard Oberlader, Mössingen