Logo
Aktuell Leserbrief

»USA sind und waren nie ein Rechtsstaat«

Zum Kommentar »Den Rechtsstaat mit Füßen getreten« vom 3. Dezember (per E-Mail)

Guten Tag Herr Häring, wo bekommt man denn so eine rosarote Brille mit Milchglasscheiben her, wie Sie sie anscheinend tragen? Die USA sind und waren nie ein Rechtsstaat! Angefangen beim Genozid an den »Indianern« über die Sklaverei mit ständiger Rechtsbeugung, Guantanamo, Julien Assange, Straffreiheit für US-Armee-Kriegsverbrecher im Nahen Osten, der grundsätzlichen Ablehnung – und sogar Bedrohung – des Internationalen Strafgerichtshofs bis hin zum jüngsten Fall des »Nato-Truppenstatuts«, nachdem ein GI trotz Geständnis eines Mordes an einem Deutschen ohne Begründung von einem amerikanischen Richter freigesprochen wurde (Kirmes in Wittlich).

Da sind die Rechtsbeugungen von Trump und Biden nur die folgerichtigen Aktionen eines zutiefst gestörten – wenn überhaupt vorhandenen Rechtsverständnisses der USA und ihrer »Eliten«. Von der unrechtmäßigen Schnüffelei des NSA und anderer Dienste und dem ständigen Bruch des Völkerrechts ganz zu schweigen. Ein pseudo-demokratischer Staat, der Straftäter immer noch mit der Todesstrafe bedroht, kann per se kein Rechtsstaat sein.

Die USA sind nur dann ein »Rechtsstaat«, wenn es ihren eigenen Interessen dient – ansonsten heiligt der Zweck stets jedes Mittel. Ob Sturz demokratisch gewählter Regierungen, Finanzierung von Putschen oder Unterstützung von Despoten (solange sie ins »Beuteschema« der USA passen). Andere Staaten werden sogar zum Rechtsbruch genötigt, wenn es den »edlen« Amerikanern in den Kram passt. Allein die seinerzeitige Drohung von Biden, eines der wichtigsten und teuersten Infrastrukturprojekte Nord-Stream II in amerikafernem, internationalem Gewässer zu zerstören, ist eine völkerrechtliche Frechheit und die Befürwortung eines kriminellen Aktes sondergleichen. Reaktion Deutschlands: ein ölig grinsender Vasallen-Kanzler.

Aber der deutsche »Rechtsstaat« gibt sich ja alle Mühe, dem amerikanischen Vorbild nachzueifern. Klaglos werden Rechtsbrüche der Amerikaner von unserer devoten Politik hingenommen und »unter den Teppich gekehrt«. Ein Herr Kohl brauchte in seiner Spendenaffäre von der deutschen Justiz nichts befürchten – und auch ein Olaf Scholz wird von einer »unabhängigen« Justiz (wenn man die politische Weisungsbefugnis gegenüber deutschen Staatsanwälten großzügig übersieht) vor den Ermittlungen im Cumex-Skandal bestens geschützt. Auch die Untätigkeit unseres präsidialen Frühstücksdirektors aus dem Schloss Bellevue im Fall Murat Kurnaz ist ein beschämendes Versäumnis deutscher Rechtsstaatlichkeit. Kriegsgerät, das jahrzehntelang nicht in Krisengebiete geliefert werden durfte – heute kein Thema, je mehr Krieg, desto besser. Immer weg mit dem Mordszeug, damit wenigstens unsere Waffenindustrie boomt. Rechtliche Bedenken? Nebensächlich und überbewertet. Und was treibt eigentlich unser allseits beliebter Politiker, der als »Verteidigungsminister« seine Aggressionen ausleben kann und den man mit seinem Geschwafel von der Kriegstüchtigkeit der Deutschen (wohlgemerkt: nicht Verteidigungsfähigkeit!) sicherlich unwidersprochen als Kriegsminister bezeichnen darf?

Unser Grundgesetz (Art. 26 GG) gibt explizit vor, Kriegsvorbereitungen unter Strafe zu stellen. Das ficht aber den Herrn Obergefreiten der Reserve nicht an. Für ihn hat das GG anscheinend nur empfehlenden Charakter. Wo ist da der »unabhängige« Staatsanwalt, der diesem mutmaßlichen Kriegstreiber wegen Volksverhetzung auf die Finger haut? Ein Hoch auf den deutschen Rechtsstaat – und Ihren naiven Glauben an unsere blinde Justitia ...

 

Ulrich Herbst, Reutlingen