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Aktuell Leserbrief

»Ursache ist bei der Landesregierung zu suchen«

Zum Leserbrief »Ein gebrochenes Versprechen und ein fatales Signal« vom 30. November (per E-Mail)

Im Leserbrief vom 30. November beklagen Sarah Zickler/Dr. Thomas Steinmayer vom FDP-Stadtverband Reutlingen das Verhalten der Stadt Reutlingen, bei der Anpassung des Hebesatzes der Grundsteuer B deutlich von der versprochenen Aufkommensneutralität abgewichen zu sein. Der Satz von 320 läge über den Empfehlungen des Finanzministeriums (261 bis 289).

Die tatsächliche Ursache aber ist nicht bei der Stadt Reutlingen zu suchen, sondern bei der Landesregierung. Für die notwendige Reform wurde das eigene Landesgesetz im November 2020 verabschiedet! Basis ist die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert; ein Abschlag bei Wohnbebauung ist möglich.

Vier Jahre später erst wird sichtbar, welchen Unfug die Landesregierung angerichtet hat. Ich bin jedoch verwundert darüber, dass Frau Zickler als Immobilienfachfrau darüber keine Worte verloren hat.

Acht Bundesländer berechnen die neue Grundsteuer nach einem Bundesmodell, Bayern, Hessen, Niedersachsen haben ein modifiziertes Flächenfaktor-Modell eingeführt. Neben einem Äquivalenzfaktor für Grundstück, Gebäude und eventuellen Lagezuschlag errechnet sich der Messbetrag. Beim bayerischen Modell findet der Bodenrichtwert überhaupt keine Betrachtung (Bodenrichtwerte in München circa 2.300 Euro, in Bubenbach nur 460 Euro) und trotzdem kann man über die Hebesätze die bisherigen Erträge aus der Grundsteuer erreichen. Auf das Verfahrensmodell kommt es an. Für Baden-Württemberg gibt es keine Äquivalenzfaktoren, da gelten die 460/2.300 Euro von oben.

Warum brauchen wir überhaupt ein neues Gesetz für die Ermittlung der Grund- und Bodenwerte? Wir haben in der BRD seit langer Zeit das Bewertungsgesetz (BewG), an das sich auch die Gutachterausschüsse halten. Dort werden Grund und gegebenenfalls Gebäude untersucht und nach den Vorgaben bewertet! Daran orientiert sich das Bundesmodell, andere Bundesländer haben es ja auch geschafft, nach diesem BewG die Grundlagen für die neue Grundsteuer zu schaffen. Sie haben selbst für ihr Objekt die Möglichkeit, Vergleichsrechnungen anzustellen, im Internet gibt es gute Erklärungen und Beispiele.

Es besteht die Kernaussage, dass eine Kommune bei den Einnahmen der Grundsteuer B in etwa das gleiche Ergebnis wie in den Vorjahren erreichen soll. Also kann es doch bei den Bürgern bei den bisherigen Steuerbeträgen bleiben, dies wird von den Bürgern auch erwartet. Seit vier Jahren werden sie in diesem Glauben gelassen, jetzt kommt das böse Erwachen. Werfen sie doch einfach mal einen Blick auf die Bodenrichtwertkarte! Es ist sehr erstaunlich, welche Entwicklungen sich dort im Vergleich mit der Gesamtstadt widerspiegeln.

Pfullingen-Ost wurde in der 60er-Jahren als Baugebiet erschlossen. Damals waren noch große Grundstücke gang und gäbe. Heute beträgt hier der Bodenrichtwert 470 Euro, im besten Neubaugebiet 480 Euro. Mit großem Grundstück, aber altem Wohnhaus zahlt man jetzt rund 70 Prozent mehr an Grundsteuer, dies ist Wucher und kann nicht sein.

Andere Bundesländer machen es mit modifizierten Flächenmodellen vor, es gibt ein Bewertungsgesetz, ein Bundesmodell, nur Baden-Württemberg macht einen unrühmlichen Alleingang, gegen den mit allen Mitteln vorgegangen werden muss. Es geht ja nur darum, das Ermittlungsverfahren für den Messwert zu ändern, genügend Vorlagen gibt es ja inzwischen. Ich hoffe, die FDP wirkt mit.

 

Richard Ballmann, Pfullingen