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Aktuell Leserbrief

»Unlauteres Verfahren in Baden-Württemberg«

Grundsteuerreform (per E-Mail)

Im Leserbrief vom 26. Oktober hatte Dr. Thomas Steinmayer auf die Veröffentlichung des Finanzministeriums Baden-Württemberg, das sogenannte »Transparenzregister«, hingewiesen. Dieses soll die Kommunen bei der Beschlussfassung neuer Hebesätze für die Grundsteuer unterstützen, denn infolge der Reform sollen keine Mehreinnahmen aus der Grundsteuer den Kommunen zufließen.

Pfullingen hat bislang einen Hebesatz von 380 Prozent, nach dem Transparenzregister liegt die Bandbreite zwischen 273 und 301Prozent. Trotz geringerer Prozentsätze wird die Änderung der Grundsteuer für viele eine starke Erhöhung ergeben. Ursache ist die Umstellung des Messbetrages! Bisher lag dieser Messbetrag bei 155 Euro, nach dem Bescheid vom Finanzamt jetzt bei 322 Euro – also mehr als das Doppelte! Warum?

Die Grundbesitzer in Baden-Württemberg wurden bei der Grundsteuerreform von der Landesregierung über den Tisch gezogen. Denn Baden-Württemberg hat ein »modifiziertes« Bodenwertmodell eingeführt. Die Bewertung für die Grundsteuer (B) ergibt sich ausschließlich aus dem Bodenwert. Dieser ergibt sich nach den Tabellen für die Bodenrichtwerte der verschiedenen Gebiete. Damit wird aber das gesamte Grundstück zu einem einheitlichen Preis bewertet und hohe Grundstückswerte kommen zustande, für bebaute Grundstücke wird ein Abschlag berücksichtigt. So wird ein bebautes Grundstück komplett zum Baulandpreis bewertet, obwohl nur eine Teilfläche überbaut bebaut werden darf; die Restfläche wäre als Grünland zu bewerten. In früheren Zeiten hat man bei Baufinanzierungen auch die Wertermittlungen nach diesen Grundsätzen erstellt.

Acht andere Bundesländer wenden für die Berechnung das sogenannte »Bundesmodell« an, was deutlich transparenter ist und verschiedene Komponenten beinhaltet. In diesem Modell werden insbesondere die Gebäude nach Größe, Fläche, Alter, Art sowie die Grundstücksfläche berücksichtigt. Die Eigentümer mussten bei den Finanzämtern ausführliche Beschriebe einreichen, damit eine Berechnung überhaupt stattfinden konnte!

Das Ergebnis kommt über den Nettomietwert und den abgezinsten Bodenwert nach den Grundsätzen des Bewertungsgesetzes zustande, wobei der Bodenrichtwert unverändert bleibt. Man muss sich die Mühe machen, die Berechnungen zu vergleichen. So fällt nach dem Bundesmodell der Grundsteuerwert für mein Objekt, Baujahr 1956, um 143.000 Euro geringer aus als nach dem Flächenmodell in Baden-Württemberg, denn dort wird nur auf das Grundstück abgezielt. Eine neue teure Villa bei gleicher Grundstücksgröße hat somit die gleiche Steuerlast wie ich mit Altobjekt. Die überall geforderte Gerechtigkeit ist wieder mal nicht gegeben.

Es bleibt zu hoffen, dass im Rahmen von Sammelklagen das Flächenmodell des Landes durch das Bundesmodell ersetzt wird und damit reale Verhältnisse in die Wertermittlungen einfließen. Die vorgesehene Autobahnmaut kam ja auch unter die Räder. Aber die Landesregierung lobt sich ja selbst, was sie für ein einfaches, tolles Modell erfunden hat. Hat eigentlich jemand von den Politikern an unsere Mieter gedacht? Etlicher Wohnraum wird von Ein- und Zweifamilienhäusern bereitgestellt. Grundsteuer ist Betriebsausgabe und kann auf den Mieter umgelegt werden. Die Umstellung kann durchaus eine Erhöhung um circa 150 Euro im Jahr bedeuten.

 

Richard Ballmann, Pfullingen