Im kommenden Jahr wählen wir einen neuen Bundestag. Wie auch immer die Wahlen ausgehen, harte Fakten und deren Auswirkungen werden uns treffen. Nicht nur über Haushaltsfragen, ebenso über den mangelhaften Umgang mit sichtbaren Problemen sind wir in die jetzige Situation geschlittert.
Notwendige Entscheidungen wurden angegangen, diskutiert und vertagt, obwohl häufig – wenn nicht gar überwiegend – die belastenden Auswirkungen deutlich sichtbar waren. Auf allen Ebenen wurden »Löcher« zugekleistert – genügend Geld war verfügbar – und so blieben grundliegende Fehler unbearbeitet. Auswüchse wurden unsichtbarer in den Ablageregalen. Nicht vorhersehbaren Themen wie Corona und Putins Krieg überblendeten die ungelösten Auswirkungen für die Haushalte, den Mittelstand und die produzierende Industrie.
Erst durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht, die Festlegung der Schuldenbremse, die Eingrenzung der Sonderhaushalte oder vergleichbare Haushaltskniffe sind wir nun in den Handlungsmöglichkeiten deutlich eingegrenzt. Dieses zu einem Zeitpunkt, da andere Staaten massiv ihre Unternehmen mit Vorteilen stützen.
Was könnten wir unserer Industrie, den Mittelstandsbetrieben, dem Handwerk und den Arbeitnehmern anbieten und erreichen? Ein Blick auf die Entstehung der heutigen Republik zeigt praktikable Lösungen.
Deutsche Städte und Produktionsanlagen lagen nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern. Bauarbeiter und Handwerker waren, wenn sie nicht gefallen sind, in Gefangenschaft. Was nun? Die damaligen Verantwortlichen entschieden sich für Sofortmaßnahmen. In die Geschichte sind die Aufräumarbeiten unter dem Begriff »Trümmerfrauen« eingegangen. Unsere Großeltern und Eltern haben weitere schwierigste Aufbauleistungen und herausfordernde Aufgaben bewältigt. Ob die Eingliederung der Heimatvertriebenen, der DDR-Flüchtlinge, der Auslandsdeutschen, um nur einige Hinweise zu geben. Mit offenen Armen wurden diese Gruppen nicht empfangen, eine Fülle von Problemen mussten Generationen vor uns mit tragen und so entstand das »Wirtschaftswunder«.
Ein weiterer Erfolg versprechender Ansatz ist, das Bündel an liegen gebliebenen Aufgaben anders zu ordnen. Die Bereiche, wo unser Staat aufgrund von Verträgen und als Teil größerer Staatenverbünde Vereinbarungen einhalten muss, sind von Aufträgen/Vorhaben, die wir als Bundesrepublik eigenständig entscheiden können, zu trennen. Es sind umfangreiche »Baustellen« vorhanden, die uns direkt durch unsere Abgaben/Steuern treffen.
Besonders eklatant sichtbar wird dieses bei Großvorhaben wie Stuttgart 21, Bahnstreckenerneuerungen oder maroden Brücken, die immer mit hohen Geldsummen nachfinanziert werden. Diese Gelder stehen als Folge nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung. Sehr häufig liegen die Ursachen in ungenügend verbindlich abgestimmten Vorgehensweisen in fast allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung und auf allen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen).
Was sollten wir als Resultat für die Wahlen fest verankern: Versprochen ist schnell etwas. Die Jahrzehnte seit Gründung der Bundesrepublik zeigen: Was versäumt, verdrängt oder verschoben wurde, holt uns ein und belastet mehr. Wenn wir es wollen, können wir zur Haushaltsabdeckung eine Reihe von Maßnahmen jenseits von Parteiprogrammen und ideologischen Festschreibungen erreichen. Überlassen wir die Deutungshoheit nicht den politischen Gruppen, den Medienvertretern, sondern mischen wir uns ein, reden Klartext auch bei unterschiedlichen Vorstellungen, denn es geht um die Gestaltung der Zukunft.
Rainer-Dieter Hering, Pfullingen