Ich verfolge den Wahlkampf zur Bundestagswahl mit großem Interesse. Angesichts der politischen Entwicklungen in der Welt und in Europa habe ich den Eindruck, dass diese Bundestagswahl eine Schicksalswahl für Deutschland wird. Täglich werden Umfragen veröffentlicht, welche das Stimmungsbild unter den Wählern darstellen sollen. Im Vorfeld von Wahlen ist dies ja nichts Ungewöhnliches, zeugt es doch von einer funktionierenden Medien- und Meinungsvielfalt.
Als ich nun aber am Donnerstag das Ergebnis einer Umfrage des SWR gesehen habe, wonach 49 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg eine Zusammenarbeit der Parteien mit der AfD befürworten, stockte mir doch der Atem. Angesichts solcher Umfrageergebnisse erkenne ich durchaus Parallelen zu den Ereignissen in der Weimarer Republik. Wozu das dann letztendlich geführt hat, müsste eigentlich jedem bekannt sein. Umso besorgniserregender ist es für mich, dass sich jetzt wieder eine solche Entwicklung andeutet, die letztendlich die Demokratie und die Freiheit gefährdet. Als jemand, der 1957 geboren wurde, gehöre ich zu denen, die ihre Jugend und einen großen Teil des Erwachsenenlebens in einem Land erleben durften, in dem Freiheit, Menschenwürde und Meinungsvielfalt als höchste Werte in der Verfassung verankert sind. Dies verdankt meine Generation nicht zuletzt der Arbeit und dem Einsatz unserer Eltern und Großeltern nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Ich sehe es daher auch als Verpflichtung meiner Generation, unseren Nachkommen eine ebensolche freiheitliche Vielfalt zu ermöglichen.
Dass in den vergangenen Jahren seitens der Regierungen auch falsche Entscheidungen getroffen wurden, bestreite ich in keinster Weise. Es war dann auch immer ein Merkmal der Stärke, daraus entstandene Probleme mit Optimismus und nicht mit kollektivem Jammern zu begegnen. Keiner dieser Frustgründe, und ebenso auch nicht ein einziges menschliches Opfer der Anschläge in der letzten Zeit rechtfertigen es, die Werte unserer Freiheit und damit die Demokratie in Deutschland und in Europa infrage zu stellen oder zu gefährden, indem man seine Stimme einer erwiesenermaßen faschistischen, rassistischen und rechtsextremen Partei gibt. Dasselbe gilt auch in die entgegengesetzte, extrem linke Richtung.
Wer darin Lösungen erhofft, wird nach meinem Dafürhalten nichts als Enttäuschung erleben, da diese Parteien nichts anderes als ein weiteres unnötiges Problem darstellen, was mir vor allem deren zustimmende Haltung zu autokratischen Politikern wie Putin, Trump oder Orban beweist.
Wir haben es in der Hand, zu bestimmen, in welche Richtung die Politik hierzulande in den kommenden Jahren geht. Dies muss auch künftig so bleiben, denn wenn autokratische Kräfte immer stärker werden, ist es irgendwann zu spät.
Deshalb darf es auch keine Zusammenarbeit, egal in welcher Form, von den etablierten Parteien mit der AfD geben. Sorgen wir dafür, dass unsere Freiheit und die Demokratie erhalten bleiben, indem wir am 23. Februar verantwortungsvoll von unserem Wahlrecht Gebrauch machen.
Rudolf Mäurle, Trochtelfingen