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Aktuell Leserbrief

»Prioritätensetzung hinterfragen«

Verpackungssteuer in Reutlingen (per E-Mail)

Die Aufreger der Woche, jede Woche neu! Kita-Gebühren – Grundsteuer – Pflegeheimkosten – Müllgebühren und vieles mehr. Gerne auch immer mal wieder Aufgewärmtes wie das konstante Haushaltsloch oder das Glashaus! Reutlingen ist immer vorne mit dabei, wenn es um Geld geht, um das Geld der Bürger. Aber wohin genau fließt das Geld, wofür wird es verwendet und wofür könnte es besser verwendet werden? Immer mehr, immer größer, immer schneller, aber wirklich besser und notwendig?

Die Antworten müsste die Stadt geben können, wenn dort wirklich noch jemand sitzt, der ganzheitlich und bürgernah denkt und weiß, was Sache ist. Daran darf man zweifeln. Man sollte meinen, dass keiner der Stadtväter und Stadträte selbstkritisch die Prioritätensetzung hinterfragt, ob das alles noch richtig ist, was man tut und wie man es tut, was bei der chronisch schlechten Kassenlage vielleicht falsch läuft?

Anscheinend hat auch keiner von denen Kinder im Kita-Alter oder Angehörige im Pflegeheim und ist schon deshalb selbst von den Auswirkungen des Gebühren- und Steuerwahns betroffen und findet das noch verantwortbar! Keiner von denen vergleicht anscheinend Reutlingen mit anderen Städten und was die besser machen.

Oder ist es im Rathaus schon so weit, dass Gleichgültigkeit und Anspruchsdenken den Realitätsbezug vernebeln? Das scheint der Fall zu sein, wenn markige Sprüche des Oberbürgermeisters wie »wir halten an unseren Plänen fest, auch wenn es dem einen oder anderen nicht gefällt«, das ganze Geschehen noch umrahmen. Aber halt! Da war doch noch was. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts will nun auch der Thomas Keck eine Verpackungssteuer in Reutlingen einführen! Man habe das Thema schon immer aufmerksam verfolgt, so der OB auf GEA-Anfrage. Mit dem Karlsruher Urteil sei nun auch die Frage der Rechtssicherheit geklärt.

Erstaunlich nur, dass es immer andere sind, die die Kohlen aus dem Feuer holen. Jetzt kann Reutlingen endlich in Trittbrettfahrer-Manier nachziehen. Das »Wie« ist wieder nur peinlich und zum Fremdschämen. Ach ja, und die zusätzlichen Steuereinnahmen in der Größenordnung von 800.000 Euro pro Jahr tun dem stets klammen Stadtsäckel als willkommener Nebeneffekt nur allzu gut, nämlich zur Aufhübschung der Innenstadt. Geht’s noch? Wie wäre es, wenn man mit den Mehreinnahmen die Grundsteuer oder die Kindergartengebühren senken würde? Das wäre ein wirklich willkommener Nebeneffekt und Reutlingen könnte einmal Vorreiter sein. Aber man sollte keine falschen Hoffnungen wecken, das wird sowieso nicht passieren. So kann man Reutlingen nicht lieben.

 

Wolfgang Lenk, Reutlingen