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Aktuell Leserbrief

»Pflaumenbäume oder doch Moor?«

Zum Artikel »Wie der Tiger aufs Feld kam« vom 13. Dezember (per E-Mail)

Ortsnamen sind ein spannendes Thema. Ihre Vielfalt ist unerschöpflich, immer wieder fragt man sich, wie kann es zu diesem oder jenem Ortsnamen gekommen sein. Upflamör, Wimsen und Tigerfeld sind gute Beispiele. Als Schreibender schlägt man sich nicht nur mit Vornamen und Nachnamen herum, sondern auch mit Ortsnamen. Die Erklärungen, die man auf den Webseiten der Gemeinden findet, sind nicht immer überzeugend.

Schon von zwei Ortschaften las ich, dass sie auf Pflaumenbäume zurückzuführen seien, Pfronstetten und Pfrondorf und jetzt auch noch Pflummern. Zwar liest man, Karl der Große habe den Anbau dieser Baumart nördlich der Alpen gefördert. Aber sind Namen nicht oftmals viel älter als die uns bekannte, geschichtliche Zeit? Wie Namen sich herausbilden, kann man gut beobachten an Nordamerika. Die Europäer als Eindringlinge haben viele Namen mitgebracht und manchmal ein New davorgesetzt. Sie haben aber auch indianische Namen übernommen, die für unsere Ohren sehr exotisch klingen. Manche Namen mögen auch neu geschöpft worden sein. Aber dass jemand erst Zwetschgenbäume pflanzt und dann seine Siedlung danach benennt, scheint mir unwahrscheinlich.

Unsere Ortsnamen haben eine ähnliche Geschichte hinter sich. Denn die Sueben, Alemannen und auch die Kelten waren Eroberer und haben auch Ureinwohner in Randgebiete verdrängt, zum Beispiel nach Ligurien. Aber sie haben genau wie die Amerikaner viele ihrer Namen übernommen. Die Lebensgewohnheiten der Indigenen Europas werden ähnlich gewesen sein, wie die der Indianer. Sie waren mehrheitlich Jäger und Sammler und haben wenig gerodet. Sie haben sich hauptsächlich an Wasserläufen aufgehalten, bei Sumpfgebieten, Mooren und Rieden, wo wenig Baumbewuchs war.

Es gibt Forscher, die darauf hinweisen, dass viele unserer Ortsnamen auf diese vorgeschichtlichen Bewohner zurückzuführen sind. Ernüchternd ist, dass die meisten dieser Silben auf Wasser, insbesondere stehendes Wasser, Brackwasser, Sumpf und Moder zurückzuführen sind. Da heißt’s dann: »Pfrondorf, Pfraundorf, Pfronfeld, Pfronstetten, alle ligurisch auf Ried und Sumpf bezüglich«.

Pflummern bei Riedlingen und der Pflumgau in der Rhein-Main-Ebene enthalten vorgermanisch plum (Morast, Moder) mit vielen zusätzlichen Beispielen aus England und Frankreich, denn wie die Indianer, waren auch die Ureinwohner viel in Bewegung. Vor der Völkerwanderung gab es die Stämme-Wanderung und durch diese wurden Wasser und Sumpfnamen durch ganz Europa getragen. Mit Pflummern als Moor macht auch die beschriebene Deutung von Upflamör als »oberhalb von Pflummern« Sinn, nämlich der Ort über dem Moor. Oder ist zu bezweifeln, dass mör Moor bedeutet?

 

Johann Stocker, Betzingen