Entgegen seiner sonstigen Sachlichkeit vertritt Dr. Günter Ludwig in diesem Fall leider die einseitige Sicht vieler westlicher Regierungs- sowie Medienvertreter. Aufgrund der Komplexität kann ich nur auszugsweise darauf eingehen. Die Vertreibung von damals 600.000 Arabern durch die eingewanderten Juden 1948/49 kann man völkerrechtlich verurteilen (wie manche Auswüchse der späteren Siedlungspolitik Israels.) Dabei bleibt unerwähnt, dass gleichzeitig 700.000 Juden aus den arabischen Nachbarländern fliehen mussten, um nicht umgebracht zu werden. Ferner die Tatsache, dass die Nachfahren der etwa 120.000 Araber, die damals in Israel geblieben sind, heute im jüdischen – dem einzigen demokratischen Staat in Nahost – als integrierte Bürger mit gleichen Rechten wie die Juden leben.
Der Hinweis auf den Bundesschluss des biblischen Gottes JAHWE mit dem damaligen Volk Israel unter Mose/Josua zeigt die Wirksamkeit dieser Verheißung bis heute. Denn trotz aller Versuche seither, das jüdische Volk auszurotten, existiert es immer noch und behauptet sich gegen übermächtige Feinde. Die Behauptung, dass Israel bewusst die massenhafte Tötung von Zivilisten in Kauf nimmt, ist falsch. Denn der bewusste Einsatz von Bodentruppen anstelle des risikoloseren Ausbombens erhöht das eigene Verlustrisiko und soll zivile Opfer minimieren. Auch die Warnung der Zivilbevölkerung vor einem Angriff dient diesem Zweck. Welche sonstige Armee der Welt geht so vor? Wenn jedoch die Hamas ihre eigene Bevölkerung bewusst als Schutzschilde missbraucht, lassen sich zivile Opfer nicht vermeiden.
Hinzu kommt die konträre Ethik von Juden und Muslimen. Dadurch sind faire Verhandlungen und »Deals« nahezu immer zum Scheitern verurteilt. Denn: Für Juden zählt nach dem Talmud der Grundsatz: »Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Menschheit.« Für die Freilassung des von Palästinensern gefangenen Soldaten Gilad Shalit war Israel 2011 im Gegenzug bereit, mehr als 1.000 inhaftierte Terroristen freizulassen, darunter den Hamas-Führer Yahya Sinwar. Diesem wurde vorab sogar im Gefängnis ein Gehirntumor durch israelische Ärzte auf Kosten Israels erfolgreich entfernt, weil Juden auch ihren Feinden – bis heute – medizinische Hilfe nicht verweigern. In unseren westlichen Augen völlig unverständlich – nahezu absurd.
Diese Einstellung wird von der Hamas als Schwäche Israels ausgenutzt. Wie soll dann ein »Deal« zur Freilassung der noch circa 100 israelischen Geiseln (sofern diese noch leben) aussehen? 100.000 Terroristen freilassen (sofern überhaupt vorhanden), die ab morgen wieder als gegnerische Armee zur Verfügung stehen? Oder den Gaza-Streifen räumen und damit der Hamas ermöglichen, mit weiterhin laufender westlicher Finanzierung ihren Terror in ein bis zwei Jahren fortsetzen zu können?
Ähnliches gilt für die Hisbollah im Libanon. Diese verschanzt sich aktuell hinter den circa 10.000 UN-Soldaten (Unifil), welche den Bodentruppen Israels damit den Weg versperren oder erschweren. Man kann Netanjahu persönlich einiges vorwerfen, aber welche Wahl hat er unter diesen Voraussetzungen? Pest oder Cholera?
Wer Muslime stets als Opfer und Israel als Aggressor darstellt, ignoriert das Grundverständnis des Islam, der »Frieden« nur zwischen Muslimen erlaubt, für Andersgläubige dagegen nur die Unterwerfung oder die Vernichtung kennt. Daher auch der kompromisslose Kampf gegen Israel. Die Ignoranz dieser Überzeugung durch unsere Regierenden erhöht das Bedrohungspotenzial eingewanderter radikaler Muslime für unsere Bevölkerung. Die im Westen immer wieder geforderte »2-Staaten-Lösung« ist vor diesem Hintergrund illusorisch, weil die arabische Seite diese seit jeher ablehnt. Neben geografischen und logistischen Problemen bleibt das Ziel der islamischen Feinde, Israel auszulöschen. Ein friedliches Miteinander ist damit – leider – obsolet.
Jürgen Rabenau, Reutlingen