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Aktuell Leserbrief

»Missempfinden durch Sprachen«

Zum Artikel »Schwätz mir kei’ Roscht ans Mofa« vom 27. Oktober (per E-Mail)

Den Begriff »Stadtbild« habe ich bisher für mich nur architektonisch verstanden. Stadttore und -halle und die Marienkirche prägen für mich aktuell positiv, die »aufgegebenen« Gebäude »Galeria« und »Breuninger« negativ das Bild meiner Geburtsstadt. In den vielen deutschen Städten, die ich schon gesehen habe, hatte ich im Zeitverlauf den Eindruck sukzessiven innerstädtischen Niedergangs. Das was jedoch schon deutlich vor 2015 der Fall und nach meiner Einschätzung überwiegend ökonomisch bedingt – ohne Migrationsbezug. Bei der Definition des Wortes Stadtbild jedoch die in einer Stadt aufhältigen Menschen einzubeziehen, wie zuletzt durch Politiker geschehen, passt aber unbedingt zu meinem Gefühl einer besonders auffälligen zügigen Veränderung der Atmosphäre in einigen Städten, wenn ich mich dort bewege. Wenn mir Menschen begegnen, deren Gesichtszüge zu erkennen mir schwerfällt, deren (Körper-) Sprache ich nicht verstehe, bewirkt dies zunächst, dass ich mich unwohl fühle.

Neulich war ich in einem bayerischen Ort. Mit der Wirkung auf mich: Hier ist die Welt noch in Ordnung! Kurz zuvor hielt ich mich in einer Stadt in Rheinhessen auf. In Letzterer fühlte ich mich ganz und gar nicht »heimisch«. Denn dort fand subjektiv deutlich mehr fremdsprachige Unterhaltung statt, als deutsche. Mein zuvor beschriebenes Missempfinden nimmt unter anderem zu, wenn der Anteil an Zuwanderern, die kein Deutsch sprechen können oder wollen, größer wird. Dass sich andere Personen mit ausländischen Wurzeln des Öfteren in ihrer »Muttersprache« unterhalten, nehme ich überwiegend in der Gastronomie wahr. Gleichzeitig kann ich mich mit diesen Leuten in der Regel gut in meiner Muttersprache austauschen. Häufig sind diese Menschengruppen schon seit mehreren Generationen hier. Und nicht selten sorgen inzwischen besonders Gastronomiefamilien aus diesen ethnischen Kreisen für angenehmes Flair in den Städten. Wenn etwa im Sommer am Marktplatz Menschen jedweder Couleur friedlich-fröhlich das gastronomische Angebot, das Zusammensein, das Wetter genießen, dann empfinde ich das »Stadtbild« (in seiner Nebenbedeutung) als sehr erbaulich, fern von Respektlosigkeit, die nach meinem Eindruck zunimmt und nicht auf bestimmte Gruppen beschränkt ist.

 

Markus Hoffmann, Reutlingen