Von 1999 bis 2023 hatte ich von der Stadt Reutlingen eine von 20 Fahrradboxen gemietet, die auf Kosten der Stadt am Bahnsteig 1 des Hauptbahnhofs damals in Abstimmung mit der Deutschen Bahn (DB) aufgestellt wurden. Die 20 Boxen benötigen nur circa 30 Quadratmeter, das entspricht zwei Pkw-Parkplätzen, da die Räder hochkant hängend aufbewahrt werden. Seit 2013 war der Jahresmietpreis pro Box 96 Euro, Investition für die Boxen plus Aufstellung geschätzt 30.000 Euro. Von dort bin ich täglich mit der DB zu meinem Arbeitsplatz gependelt.
Ein 2019 am Bahnhof zwischen Riku-Hotel und dem Pkw-Parkhaus geplantes Fahrradparkhaus/Radstation mit 250 Stellplätzen (Kostenschätzung damals 1,5 Millionen Euro, davon Eigenbeteiligung Stadt 375.000 Euro, der Rest wäre aus Landes- und Bundeszuschüssen zu finanzieren gewesen) wurde aus Geldmangel nie realisiert.
Die Park-and-Ride-Parkplätze am Bahnhof wurden ja entgegen mancher Leserbrief-Formulierungen nicht »abgeschafft«, sondern seit 1. Januar 2025 »angemessen«, das heißt genau wie die anderen Parkplätze im Innenstadtbereich bepreist. Die bisherige städtische Subvention der 220 Pkw-Parkplätze belief sich auf circa 400.000 Euro pro Jahr, wenn man die bisherigen Kosten von 125 Euro pro Jahr pro Parkplatz den jetzigen 48 Euro für ein Wochen- beziehungsweise acht Euro für ein Tagesticket gegenüberstellt. Ein aus Sicht der schwierigen Haushaltslage der Stadt Reutlingen überfälliger Schritt, ließen sich doch mit dem gleichen Geld einige zusätzliche, so dringend benötigte Kindergartenplätze finanzieren. Auch wenn ich die Jahresmiete der Fahrradbox von 96 Euro dem bisherigen Preis eines Pkw-Jahrestickets von 125 Euro (für mindestens die zehnfache Fläche!) gegenüberstelle, wird die einseitige Subvention des Pkw deutlich.
Lassen Sie also Ihre Polemik stecken, liebe Autofahrer, prüfen Sie, ob nicht mancher ihrer Alltagswege statt mit dem Auto auch mit dem Fahrrad oder den Öffis zurückzulegen wäre, nehmen Sie Rücksicht auf die trotz aller widrigen Umstände immer zahlreicheren Alltagsradfahrer in unserer Stadt (zum Beispiel durch 1,5 Meter Überholabstand oder den Verzicht auf das Blockieren von gekennzeichneten Radstreifen). Schalten Sie einen Gang runter, auch wenn Ihr Weg dann ein paar Sekunden länger dauert.
Ich gehöre eben auch nicht nur »zur erlauchten Kaste der Fahrradfahrenden«, wenn es unvermeidlich ist, fahre auch ich mit dem Auto durch die Stadt und kenne daher beide Perspektiven!
Klaus-Peter Scheerer, Sondelfingen