Die Ereignisse im Bundestag Ende Januar zeigen auf blamable Weise, wie wenig unsere »Volksvertreter« Politik für »das Volk« umsetzen, wenn es um wahlkampftaktische Machtspiele geht. Man kann Friedrich Merz für seinen Vorstoß bezüglich Migrationsbegrenzung zu diesem Zeitpunkt kritisieren – doch die persönlichen Angriffe und Diffamierungen gegen ihn und seine Partei gehen erheblich zu weit.
Kanzler Olaf Scholz wirft Merz Wortbruch und Tabubruch vor, verschweigt dabei aber, dass er selbst vor zwei Jahren in der Thüringer Allgemeinen das Gleiche gesagt hat (»… es gilt nicht als Zusammenarbeit, wenn selbst eingebrachte Anträge die Zustimmung der AfD finden…«). Scholz hat sich auch in anderen Fällen, zum Beispiel dem Cum-Ex-Steuerskandal in Hamburg, nicht gerade als Bollwerk für Aufrichtigkeit erwiesen.
Robert Habeck spricht Merz die Qualifikation als Kanzler ab und bringt sich selbst ins Spiel, obwohl er bereits als Wirtschaftsminister versagt hat (Beispiel: seine Unkenntnis bezüglich »Insolvenz«). Die persönlichen Angriffe im Bundestag (Mützenich: »Sie haben das Tor zur Hölle aufgestoßen …«) erinnern ungut an amerikanische Verhältnisse. Es ging nicht mehr um die Sache, sondern nur noch darum, Merz vorzuführen.
Dennoch: Nach ersten Umfragen legen SPD und Grüne zu, trotz ihres Versagens in der Wirtschafts- und Migrationspolitik, die CDU (und die FDP) büßen ein. Jüdische Menschen treten aus der CDU aus – aus nachvollziehbarer Angst vor »Nazis« – nehmen damit aber den importierten islamistischen Antisemitismus in Kauf, den das Merz-Gesetz begrenzen wollte. In Großstädten demonstrieren neben besorgten Bürgern »gegen Rechts« auch linksradikale Aktivisten, die CDU-Geschäftsstellen besetzen und dortige Mitarbeiter bedrohen. Ist Linksradikalismus »demokratischer« als Rechtsradikalismus? Sind (nur) die Linken tatsächlich die »Anständigen« – wie es ihre Demo-Plakate aussagen?
Mit der »Brandmauer« hat sich der Bundestag selbst stranguliert. Denn die strikte Einhaltung dieser »Mauer« bewirkt eine Stärkung der Ränder. Erstens: Die Linken erhalten ein Meinungs- und Machtmonopol, denn nach »links« gibt es ja keine Abgrenzung – angeblich befinden sich alle Parteien außerhalb der AfD »in der Mitte«. Zweitens: Gleichzeitig wird die AfD zum bestimmenden Akteur für künftige Gesetzesvorhaben. Denn wenn politische Anliegen nur deshalb als undemokratisch definiert werden, weil die AfD ihnen zustimmt, dann entscheidet diese letztlich, was demokratisch und was undemokratisch ist. Wenn als Messlatte für Demokratie die alleinige Abgrenzung zur AfD gilt, kann die von der Mehrheit der Bürger geforderte Migrationsbegrenzung nicht wirkungsvoll gelöst werden. Der Verweis von SPD und Grünen auf EU-Recht, welches angeblich restriktive Maßnahmen verhindere, ist fragwürdig, wenn andere EU-Staaten wie zum Beispiel Dänemark offenbar problemlos solche Gesetze umsetzen können.
Es ist beschämend, dass diese Debatte und das Prozedere der Antragsabstimmung niemandem hilft außer der AfD. Sie kann sich durch das Versagen der »demokratischen Mitte« nun als Retter in der Migrationsnot aufspielen. Die »Brandmauer« wird zum Wahlhelfer der AfD, die kaum jemand in der Regierung haben möchte. Was für eine Farce! Der französische Diplomat und Philosoph Joseph Marie de Maistre erkannte vor mehr als 250 Jahren: »Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.« Ich hoffe für uns alle, dass unser Volk etwas Besseres verdient hat als das, was uns hier geboten wurde.
Jürgen Rabenau, Reutlingen