Dazu passt das Weihnachtslied: Alle (vier) Jahre wieder! Es sind zwar nur dreieinhalb Jahre, denn durch das Scheitern der Ampelkoalition darf im Februar eine vorgezogene Wahl stattfinden. Es ist allerdings ein Novum in unserem Land, wenn sich die Bevölkerung einerseits auf ein besinnliches Weihnachtsfest vorbereitet und die Zeit genießt, in der Wünsche im Familien- und Freundeskreis geäußert werden dürfen. Andererseits der Wahlkampf der einzelnen Parteien in vollem Gange ist, in denen »Wahlgeschenke« formuliert werden, um möglichst viele Wählerstimmen zu erhalten. Dabei überbieten sich manche Abgeordneten mit ihren Angeboten!
Wir Wählerinnen und Wähler haben »leider« wenig Möglichkeiten, nach unserer Stimmenabgabe darauf Einfluss zu nehmen und etwaige Wahlversprechen einzufordern. Die Abgeordneten sitzen in »ihren goldenen Käfigen«, sind »fast niemandem« eine Rechenschaft schuldig, dürfen zurücktreten von ihren Ämtern und in Talkshows hinterher gestehen, »wie sie von Ängsten getrieben Mist für Gold verkaufen und Unsinn reden« (Worte von Ricarda Lang, zitiert aus dem Kommentar von Marcus Sauer, 17. Dezember).
Das glaube ich schon, Politiker haben oft enormen Druck, denn viele Medienvertreter hetzen sie mit teils provokanten Fragen vor sich her. Aber sie haben, zumindest materiell, in ihrem Leben mehrfach ausgesorgt und sind wohl auch beruflich nicht vollständig ausgelastet, wenn kürzlich zu lesen war, dass mindestens 63 Prozent der Abgeordneten einen »Nebenjob« haben.
Es schmerzt mich sehr, wenn ich die nicht enden wollenden Ankündigungen lese, alles wird teurer: Mieten, Krankenkassenbeiträge, Pflege, Lebensmittel, Verkehr. Dazu eine marode Infrastruktur, eine schwächelnde Wirtschaft, steigende Firmen-Insolvenzen und damit höhere Arbeitslosenzahlen, um einiges zu nennen. Weitere Sorgen treiben viele »Häuslebesitzer« um, da jetzt mit der Grundsteuer B vor allem in deren Geldbeutel gegriffen wird, während die Immobilienbesitzer etwaige Mehrkosten schonungslos an ihre Mieter weiterleiten dürfen.
Immer wieder stelle ich mir die Frage, wer wohl die hoch komplizierten Steuergesetze entwickelt hat, die letztendlich immer für die Reichen von Vorteil sind. So steht im Wahlprogramm der CDU: Deutschland braucht wieder eine Politik der hart arbeitenden Bevölkerung! Diese Klientel sind nach Aussage der CDU die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung, denn von den angekündigten Steuerentlastungen dieser Partei profitieren nur die Reichen, stellt der Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung fest.
Die SPD und die Grünen wollen die Reichen zur Kasse bitten. Ja, bitte! Allerdings hat mich kürzlich ein Slogan der SPD wieder an »realitätsferne« Abgeordnete erinnert. So wird ein kostenloses Mittagessen für alle Schülerinnen und Schüler erwogen. Erstens fehlen die Räumlichkeiten und zweitens Zehntausende Fachkräfte in der Kinderbetreuung!
Ich habe zu Weihnachten bezogen auf alle im Wahlkampf involvierten Politiker nur einen Wunsch: mehr Bürgernähe! Alle sollten mindestens einmal im Jahr mehrere Wochen ihre Abgeordnetenbank eintauschen und zum Beispiel in der Kinderbetreuung oder in der Pflege mitarbeiten. Dann würde bemerkt werden, dass auch in »unteren Kreisen« sehr viel gearbeitet wird (nur leider viel zu schlecht bezahlt). Und die Aussage »Die da oben machen sowieso, was sie wollen!« würde sich abschwächen.
Astrid Jochens, Pfullingen