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Aktuell Leserbrief

»Ist ein Verbot sinnvoll?«

AfD (per E-Mail)

Nach der Katastrophe ist die Einsicht immer groß. Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Diese beiden Themen gehen Hand in Hand. Auch wenn manche behaupten, die Bundesregierung sei Kriegstreiberin, kann man davon ausgehen, dass die BRD nie Krieg zum Ziel hatte – schon gar nicht in der Ukraine. Das sieht man schon daran, wie wenig wehr- oder kriegstüchtig die Bundeswehr nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine 2022 war, obwohl Russland ja schon 2014 die territorialen Grenzen missachtet und Teile der Ukraine okkupiert hat. Es ist russischer Faschismus, der Gewalt gegen andere Länder und sogar gegen das eigene Volk ausübt.

Aus dieser Erkenntnis haben die Väter des Grundgesetzes den Paragrafen des Parteienverbots geschaffen. Nicht ohne Grund haben sie die Hürden für ein solches Verbot sehr hoch gehängt, könnten doch auch faschistoide Parteien davon Gebrauch machen und die Demokratie durch das Verbot von demokratischen Parteien unterhöhlen, statt die Demokratie zu schützen. Hat eine Partei wie die AfD aber schon ein Fünftel der Bevölkerung hinter sich gebracht, wie es das Gesetz verlangt, damit sie tatsächlich eine Gefahr ist für die freiheitliche Grundordnung, stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit eines Verbots.

Die Partei kann verboten werden, deren Vermögen theoretisch eingezogen werden und auch deren Nachfolgeparteien wären verboten. Aber bei der derzeitigen Stimmungslage nicht nur in Deutschland würde das Potenzial der Unzufriedenen schnell von einer anderen rechtsradikalen Partei übernommen werden. Mit dem Nimbus des Opfers von den Etablierten, vom sogenannten Establishment, zu dem sie ja irrwitzigerweise auch die Linken und die Grünen zählen, wären sie noch aggressiver, verbohrter und noch gewaltbereiter, wie man in den USA sehen kann. Die Gefahr ist groß und ein Parteiverbotsverfahren wäre angebracht. Aber macht es Sinn? Robert Habeck hat in einem anderen Zusammenhang einmal gesagt: »Man kann nicht gegen das Volk regieren.« Jedenfalls nicht in einer funktionierenden Demokratie, die wir noch sind.

Über 20 Prozent der Deutschen sind bereit, eine rechtsradikale Partei zu wählen, deren Spitzenkandidatin behauptet, Hitler sei ein Sozialist gewesen und die Demokratie als schwächliches Vehikel zur Machtübernahme betrachtet. Seit der Abwahl von CDU/CSU ohne Merkel sind wir, gestützt durch Pandemie und Russlandkrieg, im permanenten Wahlkampfmodus, wo jede Partei und die Opposition Seelenheil und Wählerfang im Schlechtreden der Lage sucht. Diese Stimmung der Ratlosigkeit treibt die Menschen in die Hände der Rechtsradikalen. Aber ein noch so gerechtfertigtes Verbot der AfD würden die zu einer Erzählung des bevormundenden Staates machen, und deren Hassmeinungen in den AfD-Wählerherzen bestätigen und festigen. Die Diskussion über ein Wahlverbot hingegen kann vielen den Ernst der Lage deutlich machen.

 

Thomas Hauschild, Engstingen