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Aktuell Leserbrief

»Gefangen im System«

Zum Artikel »Preise unter dem Durchschnitt« vom 12. April (per E-Mail)

Sehr geehrter Herr Schoch, sehr geehrte Frau Haberstroh, es ist verwunderlich, wie Sie die Attraktivität des Nahwärmenetzes in Glems, den Gesprächsverlauf und die aktuelle Stimmung medial darstellen lassen. Ist das reine Selbstvermarktung? Wir sagen ja. Ihre Aufgabe einer ehrlichen bürgerlichen Daseinsvorsorge bleibt dabei auf der Strecke. Für besonderen Unmut sorgte hier zum einen Ihre Äußerung, wonach der Vergleich von Öl mit Wärmepreis ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen sei. Ihre eigenen Angebote enthalten jedoch explizit einen detaillierten Vergleich dieser beiden Heizarten und sind wesentlicher Bestandteil Ihrer Verkaufsstrategie. Dass Sie sich nun davon distanzieren, führt zu einem noch größeren Vertrauensverlust.

Zum anderen nehmen Sie durch Ihre Preispolitik dem Glemser Nahwärmenetz jegliche Perspektive. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Sie es selbst mehrfach als »Totgeburt« bezeichneten. Frustrierend ist doch, wenn jährliche Heizkosten von 8.500 Euro anfallen für ein Einfamilienhaus im Jahr 2023 bei durchschnittlichen Energieverbrauch. Zugegeben, es gab zur Abmilderung damals eine Energiepreispauschale von circa 3.000 Euro. Die erhielten die Betroffenen jedoch nicht wie gerne von Ihnen vorgerechnet von den Stadtwerken, sie kam vom Bund. Hätte es diese nicht gegeben, hätten Sie beim Endkunden 8.500 Euro abgerechnet.

Zum Vergleich: 2024 beliefen sich die Heizkosten bei ähnlichem Verbrauch nun auf etwas »attraktivere« 5.400 Euro. Wir nehmen Bezug auf den Artikel vom 12. April 2025 mit dem irreführenden Titel »Preise unter dem Durchschnitt«. Wir, die IG Nahwärme Glems, hatten die vier Gespräche, übrigens nicht drei wie von Ihnen genannt, weder als konstruktiv noch auf Augenhöhe empfunden. Vielmehr als Hinhaltetaktik durch Ausweichen Ihrerseits auf Allgemeinplätze. Mit fundierten Argumenten haben wir Ihnen aufgezeigt, dass die von Ihrer externen Beratungsfirma entwickelte Preisgleitklausel nicht kundenfreundlich konstruiert wurde. Dabei gibt es Möglichkeiten, diese fairer zu gestalten. Leider wurde uns gleich zu Beginn der Gespräche klar gemacht, dass eine Änderung der Klausel nicht in Frage kommt. Sie haben lediglich die minimale Änderung umgesetzt, die Sie bereits im Vorfeld angekündigt hatten. Dies ist jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal Recherchen zeigen, dass Ihre Preise einem ernsthaften Fremdvergleich nicht standhalten.

Der im Artikel angesprochenen Änderung wurde von uns nur zugestimmt, nachdem Sie uns eine lächerliche Preisreduzierung vorgeschlagen hatten, bei der die Bestandskunden an einer aussichtslosen Neukundenakquirierung hätten mitwirken sollen. Dies wurde von der IG einstimmig abgelehnt, denn dadurch hätten zwei neu hinzugekommene Kunden bereits zugesagte Rabatte auf den Grundpreis von 5.000 Euro über eine Laufzeit von 10 Jahren verloren. Potenzielle Neukunden sollten dadurch gegen Bestandskunden ausgespielt werden. Das macht mehr als deutlich, dass Ihnen die Argumente für eine Rechtfertigung Ihrer Preisgleitklausel ausgegangen sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Zukunftsvisionen.

Alleiniger Energieträger des Nahwärmenetzes ist Gas. Dass sich daran nichts ändern wird, haben Sie in den Gesprächen mehrfach klar gemacht. Grund sind zu hohe Investitionskosten, die auf die Kunden umgelegt würden. Noch ärgerlicher ist, dass Gaskunden bei exorbitanten Preissteigerungen ein Sonderkündigungsrecht haben. Nahwärmekunden haben dies nicht, sie sind gefangen im System.

 

Alexandra Böttle für die IG Nahwärme, Glems