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Aktuell Leserbrief

»Es lebe die Gleichmacherei«

Zum Artikel »Landrat bietet Mitarbeitern das Du an« vom 11. November (per E-Mail)

Ja haben wir eigentlich schon den 1. April? Es erschreckt und amüsiert zugleich, wie offensichtlich von allen Seiten die Welt aus den Angeln gehoben wird. Hoch lebe die Amerikanisierung! Gleichmacherei wird zum Kult erhoben! Dabei sind es doch gerade die Unterschiede, die einer Entwicklung Raum geben und Anreize schaffen, Dinge voranzubringen, die einem Umfeld Lebenswert verleihen. Das hat nichts mit Standesdünkel zu tun (mancher sieht es so und damit bestätigt die Ausnahme die Regel).

Aber eine Behörde oder Firma ist nach meiner Auffassung kein Entertainment. Vorgesetzte oder Kollegen siezen ist meiner Ansicht nach doch nicht problembehaftet. Warum muss man daraus ein Problem machen? Wenn Mitglieder der Leitungsebene oder die Kollegen der untergeordneten Bereiche sich duzen, schafft das unter Umständen eine größere berufliche Nähe. Aber die vermeintliche »neue Lockerheit« schafft auch Grenzen ab, die durchaus ihre Berechtigung haben können (notwendige Distanz und im positiven Sinne Respekt).

Und wie ist es, wenn sich jemand dieser neuen Gepflogenheit nicht »unterordnen« will? Spürt er eine für ihn »negative Atmosphäre« dann im Umgang? Moderner Arbeitgeber zu sein ist Ansichts- und Auslegungssache. Wenn ein »moderner« Arbeitgeber jedoch am »Du« festgemacht werden muss, stimmt doch im System etwas nicht. Mit dem Du lässt man Außenstehende sehr nahe an sich heran. Will man das bei jedem? Nein!

Und es wirkt doch absolut lächerlich, wenn ein Firmenchef oder Behördenleiter in einem Alter, das ihn als erfahren und erfolgreich in seinem Metier auszeichnet, seinem Lehrling im ersten Lehrjahr durch gegenseitiges Duzen vermitteln will, dem Personal gegenüber ein moderner und nahbarer Vorgesetzter zu sein.

Wertschätzung richtet sich nicht am gegenseitigen Du aus, sondern an der persönlichen Empathie und einer sozialen Fürsorge, die jeden Einzelnen sich in seinem beruflichen Umfeld, das ja einen großen Teil des Lebens einnimmt, wohlfühlen lässt.

 

Ute Maier, Metzingen