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»Erwartungen waren zu hoch«

Viele Zuschauer im Fernsehen waren vom »Duell« enttäuscht. Sie erwarteten einen militanten Auftritt der beiden Kanzlerkandidaten. Vergebens! Es bot sich ein friedliches, politisch motiviertes »Koalitions-Duett«: kein Schlagabtausch - kein bisschen Galle - kein Tropfen Gift! Hatten sie sich vielleicht auf das altrömische Sprichwort besonnen und geeinigt: »Ruhendes nicht bewegen!« (quieta non movere).

Aber waren da die Erwartungen nicht zu hochgestellt mit der Hoffnung auf einen kämpferischen Auftritt der beiden Kandidaten mit einem politischen Kampfspiel. Er blieb aus. Statt dessen boten sie ein koalitionsmotiviertes, harmonisches Doppelpassspiel.

Aber warum herrschte bei vielen Zuhörern Enttäuschung? Die Erwartungen waren meines Erachtens viel zu hoch angesetzt. Im politischen Alltagsleben konnte es real gesehen auch nicht anders ablaufen. Beide Parteien der Großen Koalition haben diese in vier Jahren hinter sich gebracht - bringen müssen. Persönliche Aggressionen hätten den Kombinationen der letzten vier Jahre den Boden und die Glaubwürdigkeit entzogen und darüber hinaus zugleich die Basis für eine zukünftige, weitere Große Koalition blockiert. Mit diesem Fortgang müssen beide Parteien nach den letzten Umfrageergebnissen rechnen.

Auch eine »Zwangsehe« kann auch nur der Richter scheiden. Und eine »Zwangskoalition« nur die Wähler. Wir!

Dr. Paul Irion, Reutlingen