Die Felslandschaften mit ihrer seltenen Flora und Fauna tragen zur Attraktivität des Biosphärengebietes Schwäbische Alb bei, sind einzigartig und schützenswert. Ein solches Gebiet ist die Nadelfelskulisse bei Hohengundelfingen. Sie ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch Lebensraum für streng geschützte Arten wie den Wandelfalken, den Uhu, mehrere Fledermausarten (hier steht die systematische Erfassung noch aus!) sowie für derartige Extremstandorte angepasste Pionierpflanzenarten.
Nachdem in der Vergangenheit bei einigen Verkehrssicherungsverfahren sowohl die Kommunikation als auch der Schutz von Felsstrukturen als Lebensraum suboptimal lief, erstellte die Geschäftsstelle des Biosphärengebietes auf Anregung der Naturschutzverbände und in Abstimmung mit Straßenbaubehörden, Naturschutzbehörden und anderen den Handlungsleitfaden »Modellprojekt Naturverträgliche Felssicherung im Biosphärengebiet Schwäbische Alb«.
Entscheidend für den Erfolg und die Naturverträglichkeit von Felssicherungsmaßnahmen ist der Faktor Zeit. Zeit zum Erfassen, Zeit zum Kommunizieren, zum Planen und zum Durchführen sowohl von Verkehrssicherungs- als auch von Ausgleichsmaßnahmen. Mit einer entsprechenden Vorlaufzeit hätte man entsprechend des genannten Leitfadens auch im Fall Hohengundelfingen umweltschonend und mit Betroffenen abgestimmt anstatt im »Hauruck«-Verfahren handeln können.
Aber leider wurden die Naturschutzbehörden und die Naturschutzverbände kurzfristig, nämlich erst im März 2025, und die Anrainer überhaupt nicht über die Gefahr, dass Felsbrocken auf die Kreisstraße fallen könnten, informiert – und das, obwohl das Problem bereits mindestens seit Sommer 2024 bekannt ist. Jetzt hat die Brutzeit bereits begonnen und es blieb aufgrund der prognostizierten Felssturzgefahr nur die Möglichkeit, die Straße sofort zu sperren.
Die Naturschutzverbände kennen die drei von Bürgermeister Münzing genannten Gutachten zur Standfestigkeit des Nadelfelsens und weiterer Felskörper bei Hohengundelfingen nicht. Wir können folglich nicht beurteilen, welches der Gutachten die Sicherheit des Felsmassivs angeblich bestätigt. Aber die Straße trotz der potenziellen Felssturzgefahr einfach für den Verkehr offen zu lassen, das will auch BM Münzing trotz seiner Aussage »…die Felsnase steht seit sehr, sehr langer Zeit stabil« sicher nicht riskieren.
Grundsätzlich ist der Bau von Fangnetzen an zu sichernden Straßen meist die naturverträglichere und dauerhaftere Lösung im Vergleich zu Räumen, Abtragen und Sprengen von Felsen. Bei derartigen Eingriffen ist auch aufgrund der sich durch den Klimawandel beschleunigten Felsverwitterung oftmals eine ständiges (Nachbe-)Räumen inklusive wiederholter Straßensperrung notwendig. Allerdings sollte klar sein, bei allen Maßnahmen eine vorübergehende Straßensperrung unvermeidbar.
Zuletzt: Der von Bürgermeister Münzing verwendete Begriff »private Naturschutzverbände« ist irreführend. Denn die Mitarbeit in gemeinnützigen Natur- und Umweltschutzverbänden wie dem BUND, dem NABU und dem Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg ist wahrlich kein Privatvergnügen. Im Gegenteil: Das Anliegen der dort Engagierten ist es, eine lebenswerte Umwelt für uns Menschen und unsere Mitgeschöpfe zu erhalten.
Barbara Lupp, BUND-Regionalverband Neckar-Alb, Tübingen