Wer jetzt noch behauptet, in der Stadt sei ja nix mehr los, Reutlingen ist langweilig, man kann ja nirgends mehr hingehen, und so weiter, der sollte sich jetzt aber schnellstens auf den Weg ins ehemalige »Bermudadreieck«, Ecke Oberamteistraße-/Kanz-leistraße, aufmachen! Hier tobt ab Donnerstagabends der Bär.
Es ist fast wie am heiligen Morgen: Ab 20 Uhr gibt es für uns Anwohner fast kein Durchkommen mehr, da alles voll steht mit Menschen. Dank der ziemlich undurchdachten Umleitung, wegen der Glashaus-Baustelle, müssen wir leider öfter am Tag die halbe Fußgängerzone durchqueren und werden mit bösen Blicken gestraft.
Vorbei die früheren Forderungen für Nachtruhe! Hier versuchen die Kneipen, sich gegenseitig auszustechen, wer die lauteste Musik machen kann. Ein infernalischer Soundteppich, bei dem man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. So soll es doch sein! Endlich wieder Leben in unserer trostlosen Stadt! Auch mit Blick über den Marktplatz, wo sich mittlerweile ein Kaffee an das andere reiht, und alles gut besucht ist. Eine wahre Idylle, was das sommerliche Leben angeht. Selbst die traurigen Schnürbäume am sogenannten Bürgerpark erstrahlen in neuem Glanze und blühen, was das Zeug hält! So wollten es doch die Stadtverwaltungs-Menschen, oder nicht? Nur manchmal denke ich an den armen Herrn Wittel, der genau über den Lautsprechern und der Popmusik thront, aber er wollte es ja auch so haben, oder nicht?
Denn wir wissen ja: Ein Totschlag-Argument von allen, die nicht in der Innenstadt wohnen, lautet: »Ihr hättet ja nicht in die Innenstadt ziehen brauchen, da muss man das schon in Kauf nehmen.« Ja, ja, das kennen wir zur Genüge, ich will ja auch nicht motzen. Also bitte kein Gejammere mehr, sondern: Party, Party, Party!
Oliver Thelen, Reutlingen