Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 war die Grundsteuerreform unumgänglich: Das Gericht erklärte schlicht die bisherigen Regelungen für verfassungswidrig. Die Regelungen des daraus folgenden Grundsteuer-Reformgesetzes treten jetzt zum 1. Januar 2025 in Kraft. Die Stadt Reutlingen hatte sich bei der Umsetzung der Reform zur sogenannten Aufkommensneutralität bekannt. Das bedeutet: Die Stadt versprach, dass die Gesamtsumme der Grundsteuereinnahmen trotz der Reform nicht steigen würde. Dabei sollten die neuen Steuerbescheide an einem Aufkommen mit bisherigem Hebesatz von 400 ausgerichtet werden.
Im Jahre 2023 jedoch hatte die Stadt den alten Hebesatz bereits auf 500 angehoben, um zwischenzeitlich mehr Einnahmen zu erzielen. Trotz dieses Versprechens einer fairen Anpassung schlägt die Verwaltung nun einen neuen Hebesatz von 320 vor. Das liegt weit über der vom Finanzministerium empfohlenen Spanne von 261 bis 289 – und es entspricht nicht der Neutralität, die den Bürgerinnen und Bürgern zugesichert wurde. Tatsächlich müsste der neue Hebesatz bei etwa 275 liegen, um das Steueraufkommen auf dem Niveau der derzeitigen Einnahmen bei altem Hebesatz 500 zu halten. Orientiert man sich an dem früheren Versprechen von vor 2023, müsste der neue Hebesatz gar auf 220 reduziert werden!
Doch stattdessen sehen sich Eigentümer und nachfolgend auch Mieter in Reutlingen mit Grundsteuerbescheiden konfrontiert, die Erhöhungen auf das Drei- oder gar Fünffache beinhalten – eine Zumutung! Die Stadt bricht ihr Wort und belastet ihre Bürgerinnen und Bürger massiv. Die Menschen in Reutlingen stehen ohnehin unter enormem finanziellem Druck: Energiekosten, Lebensmittel, Versicherungen – alles wird teurer. Viele Bürgerinnen und Bürger stoßen bereits jetzt an ihre finanziellen Grenzen. Die Stadt sollte die Belastung ihrer Einwohner nicht noch weiter verschärfen, sondern vielmehr Entlastung schaffen.
Die FDP Reutlingen ermutigt den Gemeinderat, der derzeit den neuen Hebesatz beschließen soll, sich standhaft zur Wehr zu setzen und sich nicht auf die Spielchen der Verwaltung einzulassen. Es geht darum, den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber Wort zu halten und das Vertrauen in die Politik zu bewahren. Ein derartiges Vorgehen ist nicht nur ein Bruch mit den eigenen Zusagen, sondern ein fatales Signal an die Menschen, die auf Verlässlichkeit und Gerechtigkeit angewiesen sind.
Sarah Zickler, Vorsitzende FDP-Stadtverband, und Dr. Thomas Steinmayer, Schatzmeister FDP-Stadtverband, Reutlingen