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Aktuell Leserbrief

»Ein Fall für die Justiz?«

Bundestagswahlkampf der Union (per E-Mail)

Stand vor allem vor der Parlamentsentscheidung zur »Schuldenbremse« die gesamte Debatte unter dem Arbeitstitel »Die gekaufte Bananenrepubik«, so ist die juristische Dimension eines bewusst kleingeschriebenen Details nicht ins öffentliche Bewusstsein gelangt: eine brisante Aussage von Anton Hofreiter (Grüne) im Spiegel. Denn dieser verkündete frank und frei: Es gab offenbar während des Wahlkampfs mehrere Vieraugengespräche mit führenden CDU-Politikern darüber, dass man es von vornherein vorhatte, die »Schuldenbremse« auszuhebeln. Stattdessen hatte man im Wahlkampf das exakte Gegenteil behauptet. Nach Hofreiter haben die CDUler lange vor der Wahl gesagt, dass die »Schuldenbremse« nach der Wahl nicht zu halten sei. Aber vor der Wahl könnte man das ja nicht sagen. Denn »man sei ja nicht doof«, weil damit der gesamte CDU-Wahlkampf in sich zusammenfallen würde. Soviel zum Thema Wählerverarsche!

Nach dem Straftat(?)-Geständnis von Hofreiter müsste nach meinem Rechtsempfinden eine Neuwahl richterlich wegen Täuschung und Betrugs angeordnet werden. Denn ein Blick ins Gesetz gibt doch ausreichend Anlass für dieses Ansinnen. Im Strafgesetzbuch (StGB) steht unter Paragraf 108a Wählertäuschung Folgendes: »(1) Wer durch Täuschung bewirkt, dass jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder ungültig wählt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.« Es handelt sich im vorliegenden Fall darum, dass der Wähler gegen seinen Willen etwas Falsches wählt. Damit ist der Strafttatbestand der Wählertäuschung erfüllt.

Bei dieser Wählertäuschung von Merz handelt es sich nicht um Wählermanipulation von »fremden Außenkräften«, sondern dieses stammt vom Hauptakteur selbst, der zur Wahl steht. Hätte man den Wählern die Wahrheit erzählt, wäre das Ergebnis wahrlich ein anderes geworden. Deswegen sind Forderungen nach strafrechlichen Konsequenzen und Neuwahlen auf der Tagesordnung. Unabhängig von der Realität, dass das parteipolitisch instrumentalisierte Bundesverfassungsgericht sicher kein unabhängiger Garant ist, daraus die angemessenen Konsequenzen zu ziehen. Angesichts der gigantischen Konsequenzen (Schulden, Zinsen, Bonitäten, Inflation, politische Kultur et cetera) dieses politischen Entscheidungsprozesses zur »Schuldenbremse« ein dringend ausstehender juristischer Prüfungsprozess. Denn die parteienpolitische Legitimationskrise hat ein solches Ausmaß erreicht, dass diese Irritationen im gesellschaftspolitischen Milieu von Tag zu Tag unappetitlicher werden.

Und nachdem Ailwanger von Söder mit Drohungen eingesackt wurde, müssen auch die »Linken« ihr Lügengebäude (Gysi) gut absichern. Nachdem per Vorstandsbeschluss der »Schuldenbremse« wortreich eine Absage erteilt wurde, sagte Heidi Reichinnek: Die Partei sei für eine Reform der »Schuldenbremse«, damit es »im Haushalt Spielräume gibt, in alle Bereiche zu investieren«. Man lehne einen »Blankoscheck« ab, aber »warum besprechen wir nicht in Ruhe, was die Bundeswehr braucht?«. Damit wird plausibler, warum von den »Linken« die Option des Artikel 39 (3) zur sofortigen Einberufung des neuen Bundestages abgelehnt wurde. Dann wäre uns das Debakel des Beschlusses des alten Bundestages vom 18. März 2025 erspart geblieben!

 

Dr. Günter Ludwig, Reutlingen