Sehr geehrter Herr Herbst, ich bin fassungslos über derartig desaströse Aufzählungen diffamierender Halbwahrheiten, welche das transatlantische Verhältnis beschreiben. Ihr Stigma: Ach die so bösen Amis! Dies verfängt sich mal wieder völlig Putin loyal! Sorry aber so sollte es, glaube ich, verstanden werden.
Man könnte, nein man müsste, die Zusammenhänge wirklich anders sehen. So zum Beispiel:
Die USA haben bei der Luftbrücke für Berlin die meisten Piloten und Maschinen der damaligen Beteiligten verloren, um der sowjetischen Abriegelung des Westteils Berlins zu begegnen.
Die USA haben 1961, während des Kalten Krieges, am Checkpoint-Charlie den versuchten Einmarsch der Sowjetunion nach Westdeutschland verhindert.
Die USA haben 1947 den Marshallplan für die drei alliierten Zonen im Westen durchgesetzt und damit erst das Wirtschaftswunder Deutschland möglich gemacht.
Die USA stationierten Anfang der 80er-Jahre im Rahmen des Nato-Doppelbeschlusses, zusammen mit unserem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, die Pershing-2-Raketen gegen die von der Sowjetunion als erste an unseren Grenzen aufgestellten SS-20-Atomraketen. Dies damals schon gegen Hunderttausende instrumentalisierter Friedensbewegter vor dem Kanzleramt. Diese damaligen Verfechter des weltweiten, waffenlosen Friedens müssen damals wie heute als naive Illusionisten begriffen werden.
Diese Stationierung der Pershing 2 mit dem damaligen damit verbundenen Wettrüsten hatte dann doch, entgegen aller Befürchtungen, zu den Abrüstungsverhandlungen zwischen den Atommächten geführt.
Der in der Folge wirtschaftliche Niedergang der damaligen DDR und der sowjetischen Republik verbunden mit den Warschauer-Pakt-Staaten führten dann allerdings zum Zusammenbruch dieser militärischen Zwangsvereinigungen und der damaligen Bedrohungslage der BRD und dann im Ergebnis zur lange ersehnten Wiedervereinigung Deutschlands.
Die USA 1990/1991 mit dem damaligen Präsidenten verhalfen auch hier, wieder an der Seite Deutschlands, gegen den erklärten Willen der britischen Regierungschefin Margret Thatcher (Zitat: »No, no, no Helmut«) und auch den Vorbehalten Mitterrands, zum Gelingen der deutschen Einheit. Alles vergessen?
So könnte man die Liste der deutsch-amerikanischen Freundschaft fortsetzen, aber Sie verfangen sich lieber in banalen propagandistischen, antiamerikanischen, gezielt aus Russland in Deutschland kolportierte Halbwahrheiten, welche durch das Weglassen der anderen Hälfte der Wahrheiten eben zur Unwahrheit oder sogar zur Lüge mutieren.
Ich frage mich, wie blauäugig muss man denn sein, um glauben zu können der Verhandlungsfrieden mit Wladimir Putin wäre a) möglich und b) von Dauer? Mit einem Mann, welcher 14 Tage nach Amtsantritt den ersten Krieg gegen seinen Nachbarn Tschetschenien mit einer völlig zerbombten Stadt Grosny rein imperial begonnen und hinterlassen hat!? Seither führt der Mann ununterbrochen Kriege gegen weitere Nachbarländer und unter anderem seit Jahren gegen die Ukraine, bricht kriminell das Völkerrecht.
Wer nun glauben will, dass dieser Mann auch nur im Entferntesten ein Interesse an Frieden hätte, möge sich doch endlich mal mit seinen ehemaligen, ideologisch verbündeten Mitstreitern, den Grünen, und mit deren heutigen, leider späten Erkenntnissen auseinandersetzen. Diejenigen, welche jetzt nach historisch fatalen Fehleinschätzungen der wirtschaftlich-politischen Möglichkeiten, heute nun nach dem Taurus rufen! Realisten benötigt diese Welt.
Michael Maier, Reutlingen