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Aktuell Leserbrief

»Demokratie ist kein Selbstbedienungsladen«

Zum Artikel »Windkraftpläne in der Warteschleife« vom 16. Mai (per E-Mail)

Die Kommunalaufsicht hat den Beschluss vom 19. März wegen Befangenheit aufgehoben. Bei der erneuten Abstimmung waren vier der vierzehn anwesenden Gemeinderäte befangen. Dem Antrag von Armin Zeiler stimmte der Gemeinderat mehrheitlich mit sechs Stimmen zu. Ja, uns hat es gefreut, dass der Nutzungsvertrag mit Sowitec erstmals vom Tisch ist und dass über das weitere Vorgehen erst nach der vorgelegten Planung des Regionalverbandes entschieden werden soll. Unsere wehrhafte Demokratie ist wachsam und kein Selbstbedienungsladen. Und täglich steigt die Zahl der Bewohner, die erkannt haben, dass ihre Heimat ein Lebensraum bleiben und kein Energiepark werden darf. Eine wirtschaftlich in höchstem Maße ineffiziente und ökologisch irrsinnige Energiepolitik können wir uns nicht leisten.

Interessant ist auch zu erfahren, dass der Sitzung vom 19. März 2024 eine nicht öffentliche Sitzung vorausging, in der »über die Vertragsinhalte diskutiert wurde und alle Gemeinderäte die Möglichkeit hatten, auch öffentlich ihre Positionen klar zu machen«.

Die Befangenheit gilt auch bei der Beratung, die offensichtlich hier vorlag. Da lässt sich nur vermuten, wie es in anderen nicht öffentlichen Sitzungen des Gemeinderates wohl gewesen sein könnte, von denen man meist nichts erfährt. So zu argumentieren, in einer Sitzung, die wegen Befangenheit wiederholt werden musste, gibt mir sehr zu denken, oder war dieser Einblick nur eine versehentliche Transparenz?

Da wundere ich mich, dass davon ausgegangen wurde, dass ohne erneute öffentliche Diskussion ein Beschluss erzielt werden sollte. Über überdimensional große Flächen, die bereits bereitgestellt wurden; den Zeitpunkt, einen Nutzungsvertrag abzuschließen; über Höhe und Anzahl der Windanlagen auf zu großen Flächen. Bereits diese Wortmeldungen gingen Bürgermeisterin Fischer sichtlich gegen den Strich. Dass mehrheitlich gegen den Nutzungsvertrag entschieden wurde, muss erst realisiert und dann noch verdaut werden.

Demnächst sind auf vielen Ebenen die Wähler wieder gefragt. Die Demokratie lebt aber nicht nur von der Stimmabgabe, sondern von der Auseinandersetzung. Da bin ich künftig auf die Aussprachen und Diskussionen im neu besetzten Rat gespannt, auf die Offenheit und die viel gepriesene Transparenz. Das Interesse an der Kommunalpolitik wird hoffentlich zunehmen.

Sehr vorteilhaft wäre es, wenn allen interessierten Zuhörern bei öffentlichen Gemeinderatssitzungen ein Sitzplatz angeboten werden könnte, sonst fühlt man sich hier nicht gerade erwünscht und gerade das kann doch nicht gewollt sein.

 

Gerd Hummel, BI Gegenwind, Steinhilben