Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann, sehr geehrter Herr Minister Lucha, als niedergelassener Allgemeinarzt in Münsingen und als verantwortlicher Arzt der Notfallpraxis Münsingen muss ich mich aus tiefer Überzeugung für die Notfallpraxis Münsingen und die anderen von der Schließung bedrohten Notfallpraxen einsetzen. In meinen Augen kommt das einem Schildbürgerstreich gleich.
Auf der einen Seite werden wieder die Menschen im ländlichen Raum benachteiligt, offensichtlich verschlechtert sich die medizinische Versorgung. Auf der anderen Seite möchte der KV-Vorstand auf den Ärztemangel reagieren, indem man die Dienstbelastung der niedergelassenen Ärzte reduziert.
Und dieses Argument ist ein Scheinargument: Bisher machen 17.406 niedergelassene Ärzte circa 87.000 Bereitschaftsdienste pro Jahr – entsprechend einer Dienstbelastung von circa fünf Diensten pro Arzt. Wenn wie geplant die 18 Notfallpraxen geschlossen werden, entfallen 1.980 Dienste, dann sind es noch circa 85.000 Dienste pro Jahr – entspricht einer Dienstbelastung von circa 4,9 Diensten pro Arzt.
Also »bringt« die Schließung der 18 Notfallpraxen jedem der zum Bereitschaftsdienst verpflichteten Ärzte eine Dienstreduzierung von 0,1! Oder anders ausgedrückt: Jeder Arzt muss in zehn Jahren einen Bereitschaftsdienst mehr machen, damit die bisherige Versorgung aufrechterhalten werden kann.
Andere Argumente habe ich vonseiten der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nicht gehört. Und ich sehe auch keinen vernünftigen Grund, dass die 18 Notfallpraxen geschlossen werden müssen.
Um die Finanzierung kann es ja nicht gehen , weil die KV natürlich von den Krankenkassen eine Vergütung für die behandelten Patienten bekommt. Außerdem wird jedem niedergelassenen Arzt ein Teil seines Honorars von der KV einbehalten. Nur wenn er die Dienste selber macht, kann er diesen Honorarabzug ausgleichen beziehungsweise sogar etwas verdienen.
Noch eine Anmerkung: Im Jahre 2013 gab es eine Notfalldienstreform, die diesen Namen verdient hat. Die Notfalldienstbezirke wurden erheblich vergrößert. So wurde erreicht, dass die Ärzte im großen Notfalldienstbereich gleich viele Dienste machen müssen. Als Beispiel nehme ich den Notfalldienstbezirk Reutlingen, der in etwa den Kreisgrenzen entspricht. Im neu entstandenen Notfalldienstbezirk muss jeder Arzt vier bis fünf Dienste leisten, vorher war die Dienstbelastung in der Stadt bei circa drei Diensten, zum Beispiel im Bereich Münsingen bei circa 25 Diensten. Es gab sogar Bezirke mit einer Dienstbelastung von bis zu 40 Diensten. Außerdem wurde damals der Fahrdienst eingerichtet und es entstanden die Notfallpraxen, die überwiegend in einer Klinik eingerichtet wurden.
Aus den genannten Gründen bitte ich Sie, dieses unsinnige Vorhaben der KV zu stoppen. Wir alle sollten den normalen Menschenverstand einschalten und danach handeln.
Dr. Eberhard Rapp, Münsingen