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Wie die Reutlinger Innenstadt besser werden könnte

Reutlingens Innenstadt kränkelt an Leerständen, Schmuddelecken und oft genug auch an fehlendem Publikum. Wie sich das ändern ließe? GEA-Leser liefern Antworten, formulieren Wünsche und geben Impulse

So viel Betriebsamkeit ist in der Wilhelmstraßekeine Selbstverständlichkeit. Doch wie lässt sich die Flaniermeile attraktiver ge
Foto: Dieter Reisner
Foto: Dieter Reisner

REUTLINGEN. Geschäftsschließungen, Ladenleerstände, Schmuddelecken – um Reutlingens Innenstadt war es wahrlich schon besser bestellt. Weshalb manchen die Sorge umtreibt, dass die Wilhelmstraße nebst ihrer Seitenarme und -ärmchen ganz allmählich den Bach runtergehen könnte. Gar nicht zu reden von der Metzgerstraße, die sich binnen der zurückliegenden fünf Jahre in eine regelrechte Barber-Meile verwandelt hat. Was seitens vieler Bürger mit Missbilligung quittiert wird. Wiewohl es durchaus auch Stimmen gibt, die den Status quo – im Vergleich zu anderen Städten – nach wie vor mit gut bewerten.

Ihre Meinung ist gefragt

Liebe Leserinnen und Leser, jetzt sind Sie gefragt. Wie beurteilen Sie die Reutlinger Innenstadt? Was fehlt Ihnen? Womit ließe sich die City Ihrer Meinung nach aufwerten? Wo sind Schwächen, wo Stärken? Die GEA-Lokalredaktion will’s wissen und hofft auf interessante Mail-Zuschriften (maximal 70 Zeilen à 35 Anschläge, mit Namens- und Wohnortsangabe, Kürzung vorbehalten) , die dann in einem Leser-Forum veröffentlicht werden. (ekü)

gea-forum@gea.de

Sie argumentieren, dass Barber-Shops allemal besser sind als dauerhafte Leerstände und dass schon ein bisschen Kosmetik helfen würde, das Gesicht der Altstadt zu verhübschen und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen: durch mehr urbanes Grün zum Beispiel oder bequeme Outdoor-Möbel, die zum Verweilen ohne Konsumzwang einladen. Auch von einer höheren Event-Dichte oder niedrigeren Parkgebühren versprechen sich manche Reutlinger Prestige-Gewinn, wie die im folgenden abgedruckten und teilweise gestrafften Beiträge im GEA-Leser-Forum zeigen.

Lennart Götze, Reutlingen: Besuchsanreize schaffen

»Unsere Innenstadt«, schreibt Lennart Götze, »ist unterm Strich zu tot.« Reanimiert werden könnte sie seiner Meinung nach durch mehr Events. Wobei es mitnichten Großformate wie der »verkaufsoffene Sicherheitstag« sein müssen. Auch eine Reihe kleinerer Veranstaltungen – davon ist der Reutlinger überzeugt – könnten »Besuchsanreize schaffen« und Leben in die Fußgängerzone bringen. »Vor allem, wenn sie gut dosiert übers gesamte Jahr verteilt stattfinden.«

Belebte Innenstadt :  An Event-Sonntagen avanciert die Shoppingmeile Wilhelmstraße berechenbar zum Publikumsmagneten.
Belebte Innenstadt : An Event-Sonntagen avanciert die Shoppingmeile Wilhelmstraße berechenbar zum Publikumsmagneten. Foto: Dieter Reisner
Belebte Innenstadt : An Event-Sonntagen avanciert die Shoppingmeile Wilhelmstraße berechenbar zum Publikumsmagneten.
Foto: Dieter Reisner

»'Die Köpfe für Reutlingen' haben da vor Corona einen ganz guten Ansatz gehabt: Live-Musik am Samstag auf dem Weibermarkt.« Daran ließe sich doch anknüpfen, meint Götze. Und: »Wir brauchen dringend mehr Veranstaltungen, die die Jugend ansprechen – ohne, dass gleich wieder Innenstadtbewohner die Polizei rufen und ihre Ruhe einfordern. Dadurch wird doch Vieles gelähmt. Wer in die City zieht, muss damit leben, dass es dort lauter ist als auf dem Hofgut Einsiedel.«

Karl Steudle, Öschingen: Die Lust am Shoppen verloren

Karl Steudle ist, wie er wissen lässt, »die Lust am Shoppen oder an einem Kneipenbummel durch Reutlingens grüne Reglementierungswut ziemlich vergangen«. Ein Aspekt, den er in der Presse-Berichterstattung vermisst. »Der GEA«, zeigt sich der Öschinger etwas ungehalten, »schafft es mal wieder, kein Wort über die eigentliche Ursache der Innenstadtmisere zu verlieren: Die ideologiegeleitete Stadtplanung, vor allem im Verkehrsbereich.« Sie ist für ihn zumindest eine Wurzel des Übels. »Kein Zentrum kann ohne die Kaufkraft aus dem Umland überleben. Schon auf den Zufahrtsstraßen in die Stadt wird man mit Blitzern empfangen und weiter innen auf 30 oder 40 Stundenkilometer entschleunigt. Einen Parkplatz findet man trotzdem nicht.«

Auch das »Bähnle« auf dem Weihnachtsmarkt wurde von etlichen Innenstadt-Flaneuren als Gewinn betrachtet.
Auch das »Bähnle« auf dem Weihnachtsmarkt wurde von etlichen Innenstadt-Flaneuren als Gewinn betrachtet. Foto: Frank Pieth
Auch das »Bähnle« auf dem Weihnachtsmarkt wurde von etlichen Innenstadt-Flaneuren als Gewinn betrachtet.
Foto: Frank Pieth

Gudrun Dortschy, Reutlingen: Die Innenstadt ist so weit okay

Für die Reutlingerin Gudrun Dortschy ist die Innenstadt »so weit okay«. Zwar wäre es ihrer Einschätzung nach »tatsächlich schön, wenn sie etwas grüner wäre und durch Blumen aufgepeppt.« Als schlecht empfindet Dortschy Fußgängerzone und Marktplatz deshalb aber noch lange nicht. Wiewohl die Reutlingerin durchaus Optimierungsbedarf erkennt. »Mehr Sitzmöglichkeiten, auch beim Heimatmuseum«, fände sie zweckdienlich.

»Die Apfelbäumchen-Pflanzung des Vorjahres war gut gemeint. Aber man muss das Ganze auch pflegen. Vielleicht könnte man durch Gründung (da würde ich mitmachen!) eines Stadt-Verschönerungsvereins, Positives bewirken« – etwa durch ehrenamtliches Gießen.

Und was die Ladenleerstände betrifft? Denen würde die Reutlingerin mit kreativer Flexibilität begegnen. »Es gibt tolle Galerien in der Stadt« und etliche Kunstschaffende, die Ausstellungsfläche suchen. Warum also nicht eine oder zwei Galerien in leer stehenden Gebäuden in der Innenstadt unterbringen? »Das wäre super. Natürlich mit wechselnden Ausstellungen« – vielleicht sogar in Form von Pop-up-Galerien.

Wichtig für Dortschy ist darüber hinaus eine kollektive Rückbesinnung auf den Einkaufsstandort Reutlingen – »nicht nur bei Amazon bestellen oder zum Einkaufen nach Metzingen, Tübingen und Stuttgart fahren«, sondern Reutlingen ganz bewusst als lebenswerte Einkaufsstadt ansehen, genießen und durch Konsum stärken.

Ein echter Hingucker - Hausnummer 72 in der Reutlinger Einkaufsmeile: Kein Wunder, dass sich angesichts einzelner Vorzeigebeispi
Ein echter Hingucker - Hausnummer 72 in der Reutlinger Einkaufsmeile: Kein Wunder, dass sich angesichts einzelner Vorzeigebeispiele mancher Bürger mehr Farbe und Grün in der City wünscht. Foto: Dieter Reisner
Ein echter Hingucker - Hausnummer 72 in der Reutlinger Einkaufsmeile: Kein Wunder, dass sich angesichts einzelner Vorzeigebeispiele mancher Bürger mehr Farbe und Grün in der City wünscht.
Foto: Dieter Reisner

Ulrike Franz, Reutlingen: Weniger Steinwüste und dafür mehr Grün

»Die Reutlinger Innenstadt für mich vor allem rund um die Marienkirche attraktiv«, verrät Ulrike Franz. Auch das Gartentor und die Kreuzung der Oberamteistraße mit der Kanzleistraße, wo es besonders viele Cafés und Sitzmöglichkeiten im Freien gibt, haben für sie Lieblingsplatz-Qualität. »Und natürlich der beschauliche Museums-Garten, ein wahres Kleinod im Herzen der Stadt!«

Von all dem wünscht sich die Reutlingerin mehr – vor allem mehr Grün. Zumal die, wie Franz es nennt, »Schottergarten-Mentalität« in Reutlingen besonders heftig um sich greife. »Dabei denke ich vor allem an den sogenannten Bürgerpark, der – mangels Grünflächen – in keiner Weise die Bezeichnung Park verdient hat.« Noch schlimmer seien jedoch die Neubauten in unmittelbarer Umgebung der Stadthalle: »eine einzige Steinwüste«, die gerade in Zeiten des Klimawandels fragwürdig sei. »Wenn man an einem heißen Sommertag vom absolut pflanzenfreien Innenhof des GWG-Areals in den wunderschönen und naturverbundenen Echazufer-Pfad überwechselt, kann man den immensen Temperaturunterschied an eigenem Leib und Wohlbefinden feststellen. Richtige Bäume, die aus dem Boden wachsen und nicht aus irgendwelchen temporären Holzkästen, sowie ein üppiger Blumenschmuck wie zum Beispiel in der Tübinger Innenstadt, fehlen auch in den Reutlinger Fußgängerzonen.«

Ein weiteres Manko für Ulrike Franz: die unzulängliche Verbindung zwischen Innenstadt und Oberer Wässere. »Die Markthalle und die Gastronomie drum herum sind ein vielversprechender Ansatz für eine ansprechende Erweiterung der Innenstadt. Der Parkplatz vor der Markthalle ist jedoch einer der hässlichsten Orte in der ganzen Stadt. Wenn dieser Platz eine Fußgängerzone mit viel Grün wäre und der Übergang von der Innenstadt zur Oberen Wässere fußgängerfreundlicher wäre – zum Beispiel dank einer kürzeren Ampelschaltung oder einer besseren Brücke ohne Glasboden – wäre die Reutlinger Innenstadt erheblich größer und attraktiver.«

Davon abgesehen müsse die Verkehrswende konsequent vorangetrieben werden. So sei der ehemalige Kaufhof-Standort (»darin stimme ich einem neulich erschienenen Leserbrief zu«) für einen neuen Busbahnhof in Bahnhofsnähe nachgerade prädestiniert. »Je mehr Leute feststellen, dass man auch ohne Auto gut und bequem die Innenstadt erreichen kann und je weniger Parkplätze gebraucht werden, desto attraktiver kann Reutlingens Zentrum werden.«

Es gibt Stimmen, die eine bessere Anbindung der Oberen Wässere an die Fußgängerzone fordern. Auch wird immer wieder der Wunsch n
Es gibt Stimmen, die eine bessere Anbindung der Oberen Wässere an die Fußgängerzone fordern. Auch wird immer wieder der Wunsch nach mehr Begrünung laut. Foto: Verein
Es gibt Stimmen, die eine bessere Anbindung der Oberen Wässere an die Fußgängerzone fordern. Auch wird immer wieder der Wunsch nach mehr Begrünung laut.
Foto: Verein

J. Timo Gleichner: Obere Wässere ans Zentrum anbinden

Seit bald drei Jahren ist J. Timo Gleichner Inhaber eines Wein- und Spirituosengeschäftes in der Oberen Wässere und findet, dass die Achalmstadt »etwas zu bieten hat. Nur macht sich Reutlingen, macht sich besonders der Reutlinger als solcher immer schlechter, als er ist. Meine Erfahrung ist, dass Auswärtige die Stadt fast durchgängig als attraktiv empfinden und positiv bewerten. Parkgebühren beispielsweise sind für sie kein Thema.« Für die Reutlinger, so Gleichner, »spielt sich das Leben nur auf traditionellen Pfaden ab. Sie sind nicht entdeckungslustig. Es wird lieber Altes betrauert und gemeckert, was das Zeug hält. Leider gibt es seitens der offiziellen Stadt keine Aufbruchstimmung. Hier müsste der Weg bereitet werden, Neues zu denken und zu tun. «

»Die Bereiche um die Stadtmauer sind schlecht angebunden. Der alte Stadtgraben nahezu eine unüberwindliche Barriere. Durch eine Verkehrsberuhigung der Lederstraße könnte die Obere Wässere ganz leicht an die Fußgängerzone angebunden werden. Beschilderungen und Wegweiser könnten ein Übriges tun, Obere Wässere und Kernstadt zu verbinden. Aus meiner Sicht ginge die Innenstadt mindestens vom franz.k bis zum Kamino, vom Stadtpark bis zur Pomologie. Leider nicht für die Einwohner von Reutlingen. Das müsste städteplanerisch umgesetzt werden. (…) Last, but not least fehlt mir eine Vision für Reutlingen. Biosphärenstadt ist doch letztlich nur eine leere Worthülse (im Moment).«

Claudia Stütz, Reutlingen: Parken als großes Ärgernis

»Einerseits«, so Claudia Stütz, »ist das Parken in Reutlingen zu teuer. Andererseits werden Parkverstöße nicht konsequent geahndet. Wildparken in der Metzgerstraße, Mauerstraße und den umliegenden Gassen außerhalb der Zeiten, an denen der Vollzugsdienst arbeitet, ist ein Ärgernis.« Dabei sind für die GEA-Leserin öffentliche Verkehrsmittel »keine wirkliche Alternative, da das Tagesticket einfach zu teuer ist«. Ihr Fazit: »Bummeln nach dem Arztbesuch, eine Einkehr im Café, ein spontaner Stadtbummel oder ähnliches leisten sich viele nicht mehr, da Parkgebühr/Bußgeld einkalkuliert werden muss.« (GEA)