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Mit diesen Herausforderungen kämpfen Geflüchtete im Pfullinger Sprachcafé

Im Sprachcafé Pfullingen erhalten Geflüchtete aus vielen Nationen durch Ehrenamtliche Hilfe beim Erlernen der deutschen Sprache.

Werner Both (rechts) hilft Rohullah aus Afghanistan beim Erlernen der deutschen Sprache.
Werner Both (rechts) hilft Rohullah aus Afghanistan beim Erlernen der deutschen Sprache. Foto: Gabriele Böhm
Werner Both (rechts) hilft Rohullah aus Afghanistan beim Erlernen der deutschen Sprache.
Foto: Gabriele Böhm

PFULLINGEN. »Unter Berücksichtigung des dargestellten Sachverhalts bitte ich Sie höflichst …«. Es sind amtliche Formulierungen wie diese, die Rohullah für die Sprachprüfung im Mai üben muss. Dabei hilft ihm ehrenamtlich Werner Bothe. Einmal wöchentlich treffen sich die beiden und viele andere, die Hilfe beim Erlernen der deutschen Sprache benötigen, im Pfullinger Sprachcafé. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen dem Bürgertreff, der die meisten Ehrenamtlichen stellt, der EMK, die die Räume zur Verfügung stellt und die Kinder betreut und dem Integrationsmanagement der Stadt, die die Nutzungsentschädigung trägt und gezielt die Geflüchteten ins Sprachcafé empfiehlt. Früher hieß die Einrichtung Asylcafé.

Rohullah ist 25 Jahre alt und ganz alleine als Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Vor neun Monaten hat er einen Asylantrag gestellt, aber bisher keine Antwort erhalten. Um die B1-Sprachprüfung zu bestehen, besucht er einen Sprachkurs bei der Volkshochschule und übt zusätzlich mit Werner Bothe. »Rohullah ist jetzt das dritte Mal da und sehr konzentriert dabei«, sagt Bothe. »Ich kann Deutsch gut verstehen, wenn ich lese und kann auch selbst gut Deutsch sprechen«, meint der junge Mann. Probleme gebe es manchmal nur beim Hören. Was möglicherweise daran liegt, dass er es in einem bunten Mix von Schwäbisch und Hochdeutsch manchmal mit gleich zwei neuen Sprachen zu tun hat. Eine Herausforderung, die er aber inzwischen im Griff habe, sei auch die neue Schrift. Denn in Afghanistan werden persische Schriftzeichen verwendet, die auch noch von rechts nach links geschrieben werden.

Mit Lesen und Schreiben in Berührung kommen

»Die sprachlichen Niveaus hier klaffen sehr weit auseinander«, berichtet Bothe. Andere Betreuer erzählen von Frauen aus Afghanistan, die noch nie zur Schule gegangen sind, früh verheiratet wurden und erst in Pfullingen überhaupt mit Lesen und Schreiben in Berührung kamen. Auch eine Frau aus Togo sei Analphabetin. »Manchmal geht es erstmal darum, das Lernen selbst zu lernen.«

Auf der anderen Seite stünden hochgebildete Akademiker aus der Türkei, wie etwa Piloten oder Ingenieure. »Sie wollen die Sprache lernen, um hier arbeiten zu können.« In jedem Fall mache es Spaß, mit den rund 30 Personen, die durchschnittlich ins Sprachcafé kommen, zu üben. »Man trifft die unterschiedlichsten Menschen und hört ihre Geschichten und Schicksale, von denen man sonst nie erfahren würde. Man bekommt viel Dankbarkeit zurück.« Rund 15 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind durchschnittlich jeweils vor Ort.

Im Notfall hilft das Übersetzungsprogramm

Eine von ihnen ist die Pensionärin B., die nicht mit ausgeschriebenem Namen in der Zeitung stehen möchte. Als ehemalige Realschullehrerin freut sie sich, ihre Fähigkeiten im Sprachcafé einsetzen zu können. Auch ihr Mann, ebenfalls Lehrer, wie viele im Café, ist unter den Betreuern. An einem runden Tisch haben Vera und Janina Platz genommen, zwei aus der Ukraine geflüchtete Frauen, die sichtlich froh sind, sich auch mal in ihrer Muttersprache unterhalten zu können. Ansonsten hilft im Notfall das Übersetzungsprogramm vom Handy.

Lehrerin B. (links) übt mit den Ukrainerinnen Vera (Mitte) und Jalina.
Lehrerin B. (links) übt mit den Ukrainerinnen Vera (Mitte) und Jalina. Foto: Gabriele Böhm
Lehrerin B. (links) übt mit den Ukrainerinnen Vera (Mitte) und Jalina.
Foto: Gabriele Böhm

Vera aus der Region Sumy kam ohne ihren Mann nach Deutschland, der in der Ukraine das Haus hütet und auch dort arbeitet. Die Tochter ist mit ihren Kindern nach Rumänien geflüchtet. »Wir warten auf Frieden«, übersetzt Google. Die beiden Frauen sind über 60 und bekommen daher keine Sprachkurse mehr. »Vera hat nur das Sprachcafé, um Deutsch zu lernen«, sagt die Lehrerin. »Ich versuche, ihr das Basiswissen beizubringen.« Kaffee und Tee sorgen für Gemütlichkeit und machen es leichter.

Kinderbetreuung nebenan

Nebenan betreuen Sandra Roth und Kinder- und Jugendtrainer Ingo die Kleinen. Zwölf bis 15 kommen jede Woche. »Wir malen, basteln, spielen. Auch Sport ist für Kinder enorm wichtig«, sagt Ingo. Gemeinsam wird Kuchen gebacken und Limo hergestellt. So lernen die Kinder, die aus vielen verschiedenen Nationen stammen, die deutsche Sprache wie von selbst. Und wo die Vokabeln noch fehlen, wissen sie sich zu helfen. Die kleine Elena (5) habe mit anderen die »Reise nach Jerusalem« gespielt und dafür einen ganz eigenen Namen entworfen: »Stopptanz mit Stühlen.« (GEA)