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Zwei von drei Abschiebungen im Südwesten scheitern

Untergetaucht? Gesundheitliche Probleme? Höhere Gewalt? Die Gründe sind vielfältig. Fakt ist: Die meisten Abschiebungsversuche im Südwesten scheitern. Immer seltener gelingt es, Ausreisepflichtige außer Landes zu bringen.

Zwei von drei Abschiebungen im Südwesten scheitern
Ein Flugzeug ist hinter Stacheldraht zu sehen. Foto: Julian Stratenschulte
Ein Flugzeug ist hinter Stacheldraht zu sehen.
Foto: Julian Stratenschulte

Zwei von drei Abschiebungsversuchen im Südwesten scheitern. Das geht aus einer Antwort des dafür zuständigen Justizministeriums auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Ruben Rupp hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach resultierten im vergangenen Jahr aus 4787 Versuchen 1654 tatsächliche Abschiebungen, was einem Anteil von 34,55 Prozent entspricht. Im Vorjahr lag die Quote erfolgreicher Abschiebungen noch bei knapp 40 Prozent. 2016 war noch etwa jeder zweite Versuch erfolgreich.

Als Gründe für das Scheitern teilte das Ministerium unter anderem mit, dass die Betroffenen nicht angetroffen wurden (1186 Fälle) oder organisatorische Gründe (1239) der Ausreise entgegenstanden - etwa weil die Fluggesellschaft einen bereits gebuchten Flug stornierte oder Reisedokumente nicht rechtzeitig vom Zielstaat ausgestellt wurden. In 185 Fällen scheiterten Abschiebungen daran, dass die Betroffenen untergetaucht sind. Auch familiäre Gründe (109) oder »renitentes Verhalten« (101) standen Abschiebungen im Weg.

»Die Landesregierung hat hier klar an den falschen Stellen gespart und der politische Wille fehlt, Indiskretionen bezüglich Abschiebeterminen abzustellen«, kritisierte der AfD-Politiker Rupp. Er sprach sich für eine neue Strategie aus, um das Untertauchen der Ausreisepflichtigen effektiv zu verhindern.

Fast 39.400 Menschen in Baden-Württemberg waren zum Stichtag 31. Dezember 2022 ausreisepflichtig, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht. Mehr als jeder Zehnte stammt aus Gambia (12,2 Prozent), 4526 der Ausreisepflichtigen mit abgelehntem Asylantrag kamen aus Nigeria (11,5 Prozent). Es folgen der Irak (11,2 Prozent), Afghanistan (7,3 Prozent) und die Türkei (4,6 Prozent).

Laut Bundesregierung waren deutschlandweit 304.308 Ausländer ausreisepflichtig, davon verfügte die Mehrheit (248.145) über eine sogenannte Duldung. Geduldete bleiben ausreisepflichtig, dürfen aber vorübergehend bleiben, weil sie nicht abgeschoben werden können, etwa weil sie keine Ausweisdokumente haben oder eine Krankheit. Auch im Südwesten verfügte die große Mehrheit der Ausreisepflichtigen über eine Duldung, nur 5149 der insgesamt 39.386 Ausreisepflichtigen war den Angaben zufolge ohne Duldung.

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg betont, dass einige Flüchtlinge nicht abgeschoben würden, weil sie einen Härtefallantrag eingereicht oder andere Rechtsmittel eingelegt hätten - was im vergangenen Jahr auf rund 80 Fälle zutraf. Andere machten von ihrem Recht Gebrauch, freiwillig auszureisen (86 Fälle), sagte die Leiterin der Geschäftsstelle, Anja Bartel. Zur Tatsache, dass viele Flüchtlinge bei der Abschiebung nicht angetroffen werden, sagte sie, dass das individuell sehr nachvollziehbar sei. »Klar gibt es Menschen, die versuchen, ihrer Abschiebung aus dem Weg zu gehen«, sagte Bartel. »Würden Sie gerne in ein anderes Land abgeschoben werden, in der sie Angst um ihr Leben haben müssen oder keine Perspektive haben?«

Der Antwort auf die Anfrage zufolge wächst auch die Zahl der Menschen, die im Abschiebegefängnis Pforzheim sitzen. 2020 waren es demnach 339, 2021 418 und 2022 428 Untergebrachte.

© dpa-infocom, dpa:230316-99-971958/3