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Zehntausende Plätze fehlen für geltenden Rechtsanspruch

Im Südwesten fehlen weiter viele Kita-Plätze - den Rechtsanspruch kann das Land einer Studie zufolge nach wie vor nicht erfüllen. Deutlich besser sieht es beim Personalschlüssel in den Kitas aus.

Kita
Eine Praktikantin liest in einer Kita Kindern vor. Foto: Sebastian Gollnow/DPA
Eine Praktikantin liest in einer Kita Kindern vor.
Foto: Sebastian Gollnow/DPA

Baden-Württemberg hat auch weiterhin keine Aussicht, den Bedarf an Kita-Plätzen trotz eines massiven Ausbaus in den vergangenen Jahren zu decken. Damit unterläuft das Land in vielen Teilen des Südwestens den Rechtsanspruch der Eltern auf eine Betreuung. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen zwischen Mannheim und dem Bodensee fast 60.000 Kita-Plätze. Seit 2013 gibt es allerdings einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Seither muss eigentlich jedem Kind ab dem ersten Lebensjahr ein entsprechender Platz zur Verfügung gestellt werden.

Um die Bedarfe der Eltern zu decken, bräuchte es nach der Erhebung im »Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme« 59.400 zusätzliche Kita-Plätze allein im Südwesten, teilte die Stiftung mit Sitz in Gütersloh mit. »Es ist davon auszugehen, dass die Kitas in Baden-Württemberg aktuell ihren Bildungsauftrag noch nicht für alle Kinder erfüllen können«, sagte Kathrin Bock-Famulla, Expertin für frühkindliche Bildung der Bertelsmann-Stiftung.

Besonders große Lücke bei den ganz Kleinen

Besonders groß ist die Lücke der Studie zufolge im U3-Bereich. Demnach liegt die Quote der Kinder unter drei Jahren, die in einer Kita betreut werden, bei fast 30 Prozent. 45 Prozent der Eltern wünschten sich aber eine Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind in dieser Altersgruppe. Bei den über Dreijährigen gehen 93 Prozent der Kinder in einen Kindergarten, allerdings geben 96 Prozent der Eltern einen Betreuungsbedarf an.

Auch Tausende Fachkräfte fehlen

Um die Nachfrage nach Kita-Plätzen erfüllen zu können, bräuchte es nach Berechnungen der Stiftung bis ins Jahr 2025 zusätzlich 14 800 Fachkräfte. Wo diese herkommen sollen, ist unklar: Kommunen beklagen seit langem, dass der Markt für Fachkräfte völlig leer gefegt sei. Aus Sicht der Bertelsmann-Stiftung müssen deswegen die vorhandenen Fachkräfte von nicht-pädagogischen Aufgaben entlastet werden. Eine weitere Lösung wäre aus Sicht der Stiftung eine Kürzung der Öffnungszeiten. Würden diese auf sechs Stunden pro Tag verkürzt, könnte Baden-Württemberg bis 2025 die Platz-Bedarfe aller Eltern erfüllen.

Zugleich könnten auch die guten Personalschlüssel gehalten werden. Bei diesen steht das Land sehr gut da. In keinem anderen Bundesland ist laut Bertelsmann-Stiftung das Verhältnis von Fachkraft zu Kindern besser als im Südwesten: In Krippengruppen ist eine Fachkraft rechnerisch für 2,9 Kinder zuständig. In Kindergartengruppen kommen auf eine Fachkraft 6,4 Kinder. Auch hier ist Baden-Württemberg bundesweit Spitze und liegt noch unter dem von der Stiftung empfohlenen Personalschlüssel von 1 zu 7,5.

Kita-Träger können bald selbst entscheiden

Wegen des großen Fachkräftemangels will das Land einen sogenannten »Erprobungsparagrafen« einführen. Damit sollen Kita-Träger vor Ort künftig selbst entscheiden dürfen, befristet Personalvorgaben zu lockern - also die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher pro Gruppe zu senken. Das geht aber nur, wenn das Konzept mit den Betroffenen vor Ort abgestimmt wurde. Das Landesjugendamt muss den Antrag dann prüfen. Soll das Modell nach der Erprobung weiter fortgesetzt werden, muss zudem die Wirksamkeit nachgewiesen werden.

Das Land erhofft sich von der neuen Regelung, dass damit Kita-Plätze erhalten und geschaffen werden können sowie ausreichende Betreuungszeiten angeboten werden können. Das Kabinett hatte der Regelung bereits Mitte Oktober zugestimmt, im Landtag soll der entsprechende Gesetzentwurf am Mittwoch abschließend beraten werden.

© dpa-infocom, dpa:231128-99-98972/2