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Zehntausende Firmen setzen auf Kurzarbeit in Corona-Krise

Die Coronavirus-Pandemie hat große Teile der Wirtschaft lahmgelegt. Viele Unternehmen setzen auf Kurzarbeit, über die Arbeitsagenturen ergießt sich eine Welle von Anträgen. Und das dürfte erst der Anfang sein.

Stuttgart (dpa/lsw) - Zehntausende Firmen in Baden-Württemberg wollen wegen der drastischen Auswirkungen der Coronavirus-Krise zur Kurzarbeit übergehen. Bei der Arbeitsagentur seien bereits mehr als 70 000 Anträge eingegangen, sagte ihr Leiter Christian Rauch am Dienstag in Stuttgart. Und während es sonst meist eher der Mittelstand sei, der auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreife, hätten sich aktuell vor allem kleine Firmen gemeldet - und sehr viele davon überhaupt zum ersten Mal.

Etwa 90 Prozent der Anzeigen stammten von Betrieben mit weniger als 100 Mitarbeitern, jede zweite Firma habe sogar weniger als zehn Beschäftigte. »Das ist eine absolut untypische Verteilung«, sagte Rauch. Mit Ausnahme von Krankenhäusern und dem Lebensmittelhandel sei so ziemlich jede Branche im Land betroffen, besonders stark aber das Gastgewerbe und der übrige Handel. Etwa ein Drittel der Anzeigen stamme aus diesen beiden Branchen.

Kurzarbeit wird genutzt, um die Mitarbeiter einer Firma über wirtschaftlich schlechte Phasen mit geringer Auslastung hinweg zu halten. Die Beschäftigten arbeiten in dieser Zeit weniger als sonst oder auch gar nicht. Der Verdienstausfall wird zumindest teilweise durch das Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur ausgeglichen.

Wie viele Firmen im Südwesten in der aktuellen Corona-Krise letztlich tatsächlich in Kurzarbeit gehen und wie viele Beschäftigte dann betroffen sind, ist noch offen. Wer Kurzarbeit anmeldet, kann sie nutzen, muss es aber nicht. Abgerechnet wird erst rückwirkend.

Rauch geht aber fest davon aus, dass die Zahl der Anmeldungen im April noch einmal deutlich steigen wird - und dann wohl eher auch von größeren Unternehmen. »Das war der erste Schwung, es wird noch einen zweiten Schwung geben«, betonte er.

Wer durch den Verdienstausfall in finanzielle Nöte gerät, kann seit dem vergangenen Wochenende leichter an Hilfen zur Grundsicherung gelangen. Die Bundesregierung hat den Zugang wegen der Corona-Krise vorübergehend deutlich erleichtert. Arbeitsagentur-Chef Rauch rechnet damit, dass dadurch in Baden-Württemberg 100 000 bis 200 000 zusätzliche sogenannte Bedarfsgemeinschaften entstehen. Aktuell gibt es im Südwesten ungefähr 216 000 Bedarfsgemeinschaften.

Obwohl das öffentliche Leben und damit auch ein großer Teil der Wirtschaft seit Mitte März stark eingeschränkt ist, hat die Pandemie auf die offizielle Arbeitsmarktstatistik noch keine Auswirkungen. Das liegt daran, dass der Stichtag für die Berechnung noch davor lag.

Somit waren im März im Südwesten 214 118 Menschen ohne Job registriert. Das waren 1,6 Prozent weniger als im Februar, aber 10,9 Prozent mehr als im März 2019. Die Quote sank von 3,5 Prozent im Februar auf nun 3,4 Prozent.

»Der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg zeigt sich im März noch weitgehend stabil«, sagte Rauch. Der Rückgang der Arbeitslosenzahl sei allerdings niedriger ausgefallen, als man es üblicherweise zu dieser Jahreszeit erwarten würde. »Die wirtschaftliche Eintrübung, die sich bereits in den Vormonaten abzeichnete, setzt sich in diesen Zahlen fort.« Die ersten Folgen der Corona-Krise werde man dann in der April-Statistik sehen können.